Eine Familie aus Merzig fand sich plötzlich in einer Situation, mit der niemand rechnen konnte: Der 52-jährige Familienvater war nach einem (erst unbemerkten) Wespenstich bewusstlos geworden, erlitt eine schwere allergische Reaktion auf das Insektengift. Er lag einige Wochen künstlich beatmet auf der Intensivstation, Prognose ungewiss. Seine Frau und seine Kinder konnten nur von zuhause hoffen, pandemiebedingt waren Besuche nicht möglich. Die Sache ging gut aus – die Familie ist wieder vereint. Ein Herzensanliegen war es dem Ehepaar, sich insbesondere bei dem Team der Intensivstation zu bedanken: „Das Team war grandios.“
Ein Rückblick:
Als Chris Vogl vor knapp neun Monaten, Ende Juli 2020, in Schwiegerpapas Garten in Vogelsbüsch die Augen verdreht und einfach in sich zusammensackt, denkt zunächst niemand an einen Wespenstich. „Von einem auf den anderen Moment war plötzlich alles anders, er sagte, dass ihm komisch sei, schwindelig, und dass er sich kurz hinlegen muss. Dann ist er umgefallen und blau angelaufen“, sagt seine Frau Daniela Vogl, „wir dachten alle an einen Herzinfarkt.“ Die Familie wählt die 112.
Während Rettungsdienst und Notarzt anderthalb Stunden an dem 52-Jährigen arbeiten, wird Daniela Vogl immer klarer, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. In gleißender Hitze hält sie den Sonnenschirm über die Szenerie, fassungslos über das, was da passiert. „Ich stand da wie ein Baum“, erinnert sie sich an diesen schlimmen Moment: „Erstmal hat keiner geredet, alle haben sich um meinen Mann gekümmert. Bevor er mit dem Hubschrauber abhebt, sagt der Notarzt zu mir: Der Zustand Ihres Mannes ist sehr ernst.“ – und fliegt mit Chris Vogl auf den Winterberg: Damit ist klar, dass es nicht bei einem dramatischen Nachmittag bleibt, eine ungewisse Reise auf die Intensivstation beginnt.
Chris Vogl hat bis heute keine Erinnerung an diesen Moment und auch nicht an die Zeit danach, als der kritische Zustand immer kritischer wird, schwere Herzrhythmusstörungen dazu kommen und dann das künstliche Koma. Die Familie aus Merzig muss sich auf eine schlimme Zeit einstellen, von der keiner sagen kann, wie sie endet.
Allergische Reaktion auf Insektengift
Untersuchungen ergeben: Es ist kein Herzinfarkt, es ist ein schwerer anaphylaktischer Schock nach Wespenstich, eine allergische Reaktion auf das Insektengift. Wie sowas ausgeht: Fast keine Prognose möglich. Abwarten. „Damit begannen die schlimmsten 12 Tage meines Lebens“, sagte Daniela Vogl. Mit den beiden Kindern im Alter von 3 und 7 Jahren sitzt sie zuhause, hofft – und telefoniert: Das ist ihre Verbindung zu ihrem Mann, der beatmet und ohne Bewusstsein auf der Intensivstation liegt, wo wegen Corona Besuchsverbot gilt.
Geholfen hat ihr die Transparenz der Intensivstation. „Das Team war grandios. Ich hatte nie das Gefühl, zu stören, wenn ich anrief. Ich bekam immer klare und gute Auskunft, eine kurze Beschreibung des Ist-Zustands, ich wusste immer, was Sache war“, erinnert sie sich. Die erlösenden Anrufe („Er hat die Nacht geschafft“) hat sie noch genau im Ohr.
„Da arbeiten nicht nur Ärzte, sondern Menschen mit Herz. Als mich die Ärztin anrief und sagte, Ihr Mann kann Ihnen zwar nicht antworten, aber wenn er Sie hört und Sie mit ihm sprechen, hilft ihm das beim Atmen, war ich einfach nur baff und hab losgeredet. Sie hielt ihm das Telefon ans Ohr, als ich ihm unser Lieblingslied „Ein Kompliment“ von den Sportfreunden Stiller vorgespielt habe…. das sind Momente, für die ich ewig dankbar bin“, sagt Daniela Vogl. Während sie ihm durchs Telefonat Mut zusprach („Ich bin immer bei dir, auch wenn du mich nicht siehst“), habe sie innerlich jederzeit „mit dem Schlimmsten gerechnet“, hatte Angst, dass sich ihr Mann von den Fieberschüben nicht erholt, nie mehr wach wird – oder wenn doch, mit welchen Folgen?
Einige Antworten auf diese Fragen hat sie auf der Internetseite des Klinikums gefunden, was ihr durch die schwierige Zeit half: „Ich habe mich viel auf der Homepage des Klinikums informiert – fühlte mich von der Seite der Intensivstation gut abgeholt, ich habe dort viel nachgelesen“, berichtet sie: Was gibt es über das künstliche Koma zu wissen? Was ist ein Delir? Was mache ich, wenn er verändert wach wird? All dies sind Fragen, die die 42-Jährige während des Wartens beschäftigen. Sie findet Antworten, die das, was sie gerade erlebt, einordnen und erklären.
"Es ist ein Wunder"
Und dann wird er endlich aus eigenen Kräften wach. „Es ist ein Wunder“, das waren die Worte des behandelnden Arztes.
Ihr Mann konnte nichts machen, seine Arme nicht bewegen, nichts heben, aber: Er war wach, wieder da.
Nach dem weiteren Genesungsprozess auf Intensiv-, dann auf Normalstation darf er nach 27 Tagen im Krankenhaus wieder heim. Ein Feiertag für alle, der mit einem gemeinsamen Foto vor dem Krankenhaus festgehalten wird: Endlich wieder vereint. Dieses Gefühl hat sich die Familie bewahrt: „Wir zelebrieren uns als Familie viel mehr als vorher. Das Leben kann so schnell vorbei sein, das haben wir am eigenen Leib gemerkt. Wir sind dankbar, dass es weitergeht.“
Ein Wunsch bleibt offen, die Familie hofft, irgendwann nach den Corona-Beschränkungen den Ärzten der Intensivstation persönlich nochmal zu danken. Das Team Winterberg macht dies natürlich gerne möglich, sobald es geht.
Was ist ein anaphylaktischer Schock?
Anaphylaxie bezeichnet eine akute, lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion des Körpers. Sie ist eine Reaktion auf einen eigentlich harmlosen Auslöser (z.B. Lebensmittel, Insektenstiche, Medikamente). Zu den typischen Symptomen zählen Hautreaktionen wie Rötungen, Quaddeln und Juckreiz. Je nach Schweregrad der Reaktion kann es zu Luftnot, einem Anschwellen der Schleimhäute im Mund-Rachenraum sowie Kreislaufversagen, Erbrechen und Durchfall kommen.
Um gravierende Komplikationen wie beispielsweise Atemversagen, Schock oder sogar Tod zu vermeiden, sollten schnellstmöglich lebensrettende Maßnahmen eingeleitet und die Rettungskette in Gang gesetzt werden. In der Regel beginnt die Überempfindlichkeitsreaktion sofort nach Kontakt mit dem Auslöser. In selteneren Fällen kann es auch erst nach Stunden zu einer verzögerten Reaktion kommen.