Nach 106 Tagen im Klinikum Saarbrücken wird der Münchner Peter M. endlich entlassen. Bei seiner Abschiedsmahlzeit vom Winterberg, die sich der 71-Jährige bestellt hat, werden Kindheitserinnerungen wach: „Milchreis mit Zucker und Zimt“. Peter M. kam am 26. Januar 2021 mit der Deutschen Luftrettung ins Klinikum Saarbrücken. Er und seine Frau waren in Spanien, als sie sich mit dem Coronavirus infizierten. Beiden war klar: Positiv auf Corona getestet nimmt sie keine Fluggesellschaft mit.
Prof. Dr. Grandt organisierte Rückflug
Deshalb kontaktierten sie am vierten Krankheitstag ihren langjährigen Freund, Prof. Dr. Daniel Grandt, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Klinikums Saarbrücken. Er organisierte für beide einen Flug mit der Deutschen Luftrettung – auf Wunsch der beiden nach Saarbrücken, ins Klinikum auf den Winterberg. Der Infektiologe Prof. Dr. Grandt war froh über diese Entscheidung: „In Spanien hätte mein Freund keine Chance gehabt, die Erkrankung zu überleben. Ohne ECMO – die gibt es vielleicht in 60 Krankenhäusern in Deutschland – und die große Erfahrung in der intensivmedizinischen Behandlung von COVID-19 Patienten hätte er das auch in einem anderen Krankenhaus nicht geschafft.“
Zunächst kamen beide mit hohem Fieber auf die Infektionsstation. Der Verlauf bei Frau M. war unkompliziert. Nach drei Wochen durfte sie die Klinik verlassen. Anders Peter M.: Er wurde erstmals Anfang Februar im Corona-Beatmungszentrum (COBAZ) wegen einer schweren Lungenentzündung, einer sogenannten Covid-19-Pneumonie, intensivmedizinisch behandelt. Nach zwei negativen Corona-Tests kam er am 8. Februar wieder auf Normalstation. Dort erlitt er einen schweren Rückfall, musste erneut auf die Intensivstation, um dort beatmet zu werden. Um seine Überlebenschancen zu verbessern, wurde bei ihm zehn Tage lang zusätzlich eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) durchgeführt. Als Langzeitbeatmungspatient war er mit einem Luftröhrenschnitt über einen Beatmungsschlauch an das Beatmungsgerät fixiert. Und in dieser Zeit baute der Körper ab. Peter M. hat allein 27 Kilogramm verloren.
"Überall waren Schläuche"
Der Münchner kann sich noch gut daran erinnern, als er nach dem künstlichen Koma wieder zu Bewusstsein kam: „Überall waren Schläuche. Du hoffst eigentlich nur, dass es bald wieder gut wird.“ Weil er wegen der Beatmung auch nicht sprechen konnte, kommunizierte er anfangs mit Pflegekräften und Ärzten über sein I-Pad. Für die haben seine Frau und er größte Hochachtung: „Die machen einen guten Job, sind immer freundlich, obwohl die Arbeit doch sehr belastend ist.“
Noch auf der Intensivstation begann ein intensives Rehatraining: So wurde er mit ergo- und physiotherapeutischer Unterstützung im Gehwagen mobilisiert. Unter logopädischer Begleitung lernte er langsam wieder zu schlucken, durfte flüssige oder pürierte Kost aufnehmen. „Ich bin froh, dass mein Körper durch die Übungen wieder fitter wird.“
Und doch durfte er erst Ende April die Intensivstation verlassen. Auf der Wahlleistungsstation erholt er sich langsam. Hier hat er endlich ein Croissant essen dürfen, auf das er sich so lange gefreut hat. Und eine weitere Erkenntnis hat er gewonnen: „Wenn du so schwer krank bist, rücken viele Dinge in den Hintergrund. Gesundheit, Freundschaften und Beziehungen zu anderen Menschen werden wichtiger.“
Wenn er das Klinikum heute verlässt, wird er ambulant in Saarbrücken mit den Rehamaßnahmen beginnen. Vor allem will er die Zeit mit seiner Frau genießen, mit der er eine Ferienwohnung in der Saarbrücker Innenstadt gemietet hat. „Ganz bewusst wollen wir noch eine Zeit hierbleiben – in der Nähe zum Klinikum Saarbrücken auf dem Winterberg, wo wir so gut versorgt wurden.“