Im Folgenden geben wir Ihnen einige Informationen zum Aufenthalt Ihres Verwandten oder Freundes auf der Intensivstation und über die Zeit danach.
Ihr Verwandter oder Freund wurde auf die Intensivstation gebracht, weil Organe seines Körpers zumindest teilweise nicht normal arbeiten können. Wenn er keine hochspezialisierte Hilfe bekommen würde, hätte dies langfristige Auswirkungen auf seine Gesundheit oder er könnte sogar versterben.
Es kann auch sein, dass Ihr Angehöriger aus einem anderen Krankenhaus zu uns verlegt wurde. Dies kann daran liegen, dass der Patient eine spezielle Behandlung benötigt, die das erste Krankenhaus nicht anbieten kann, oder dass dort nicht genügend Intensivbetten vorhanden waren. Das kann für Sie unangenehm sein, weil Sie möglicherweise eine längere Strecke fahren müssen, um Ihren Freund oder Verwandten zu besuchen. Patienten werden jedoch nur dann in ein anderes Krankenhaus gebracht, wenn dies unbedingt erforderlich ist.
Wenn ein Mensch aus ihrer Familie oder aus Ihrem Freundeskreis auf eine Intensivstation aufgenommen wird, ist es normal, dass Sie sich selbst hilflos fühlen und verzweifelt wissen möchten, wie es um seine Heilungschancen steht. Es ist aber fast immer so, dass es Zeit braucht, um abschätzen zu können, ob und wie der Patient seine schwere Erkrankung überstehen wird. Häufig erhalten unsere Patienten von Beginn an starke schmerzstillende Medikamente (Analgetika) oder Beruhigungsmittel (Sedativa), um die notwendigen Behandlungsschritte durchführen zu können, beispielsweise die künstliche Beatmung, die Kreislaufstabilisierung oder den Nierenersatz. Wenn Sie Fragen dazu haben, was getan wird, wenden Sie sich an die Mitarbeiter auf unserer Intensivstation. Wir werden Ihre Fragen so gut wie möglich beantworten, aber wir werden Ihnen keine falsche Hoffnung geben. Stellen Sie sich von vorneherein darauf ein, dass es im Behandlungsverlauf immer wieder neue Entwicklungen und Rückschläge geben kann und dass wir in der Intensivmedizin grundsätzlich nur von Tag zu Tag voranblicken können.
Manchmal vergehen einige Tage, ohne dass sich bei dem Patienten etwas ändert. Sie werden nichts für den Patienten tun können, außer während der Besuchszeit an seiner Seite zu sitzen und zu warten.
Bringen Sie uns beim ersten Besuch alle Ihnen vorliegende Unterlagen mit, die Informationen zum Gesundheitszustand des Patienten beinhalten. Insbesondere sind interessant:
Die Ärzte und Pflegenden sprechen sehr oft mit dem Patienten und sagen ihm, was Sie tun, auch wenn dieser bewusstlos ist. Sie machen dies, da der Patient trotz seiner Bewusstlosigkeit Berührungen wahrscheinlich wahrnehmen kann, sich jedoch später nicht sehr genau daran erinnern kann.
Die Pflegenden bitten Sie eventuell, persönliche Gegenstände des Patienten mitzubringen, die ihm beim Genesungsprozess helfen können, wie etwa Lieblingsdüfte oder Musik.
Mit ihrem Angehörigen oder Freund zu reden kann ebenso sehr hilfreich sein. Eine einseitige Kommunikation zu führen kann sehr schwierig sein, aber über gemeinsame Erfahrungen wie etwa einen Urlaub oder gemeinsame schöne Zeiten zu sprechen kann auch Ihnen gut tun. Sie können ebenso versuchen, aus einer Zeitschrift oder einem Buch vorzulesen.
Selbst wenn der Patient bei Bewusstsein ist, können Sie es als schwierig erleben, mit dem Patienten zu kommunizieren. Auch wenn der Patient nicht sprechen kann, kann er eventuell schreiben, oder Wörter buchstabieren, indem er selbst oder Sie auf eine Tafel oder ein Tablet mit Buchstaben, Zahlen oder gebräuchlichen Wörtern zeigen.
Einige Angehörige finden es sehr hilfreich, mehr in die Pflege integriert zu sein, während der Patient sich erholt. Sie können eventuell mithelfen, indem Sie dem Patienten die Zähne putzen, oder die Hände und Füße massieren bzw. eincremen. Dies ist abhängig vom Gesundheitszustand Ihres Angehörigen und ist auch nicht immer möglich. Wenn Sie auf diese Art mithelfen wollen, dann fragen Sie das Personal, was möglich ist.
Es ist sehr hilfreich, wenn Sie ein Familienmitglied oder einen Freund des Patienten auswählen, der für das Pflegepersonal die erste Kontaktperson ist. Das Personal kann so dieser Kontaktperson alle Informationen weitergeben und die Kontaktperson kann dann die Information an die Familienmitglieder weiterleiten. Dies kann dem Pflegepersonal wertvolle Zeit sparen.
Angehörige empfinden es oft als sehr hilfreich, in einem Tagebuch niederzuschreiben, was während des Aufenthaltes auf der Intensivstation passiert. Es kann Ihnen helfen, zurückzublicken und kleinere Fortschritte zu erkennen, die der Patient gemacht hat. Ein Tagebuch kann aber auch für den Patienten sehr nützlich sein. Patienten haben oft sehr konfuse Erinnerungen oder gar keine Erinnerungen an ihren Aufenthalt auf der Intensivstation. Ein Tagebuch kann dem Patienten helfen, zu verstehen, was genau passiert ist oder es kann eine Lücke füllen, wenn Erinnerungen ganz fehlen.
Kritisch kranke Patienten können sehr schwerwiegende Infektionen haben, gegen die die Patienten ankämpfen müssen, und je nachdem wie krank die Patienten sind, kann dies eine sehr ernste Situation darstellen. Wir unternehmen alles, was in unseren Kräften steht, um sicherzustellen, dass der Patient geschützt ist. Sie können mithelfen, indem Sie unsere Hygienerichtlinien einhalten, sich die Hände waschen und die auf der Intensivstation angebotenen Desinfektionsmittel benutzen, bevor Sie das Patientenzimmer betreten oder Sie den Patienten berühren. Auch können Sie andere Besucher anhalten, dies ebenfalls zu tun. Ebenso sollten SIe Ihre Hände beim Verlassen unserer Station desinfizieren.
Es kann sein, dass das Personal Sie von Zeit zu Zeit bittet, das Patientenzimmer zu verlassen. Dies geschieht aufgrund von notwendigen medizinischen Prozeduren, die teilweise unangenehm sind und auch Sie aufregen könnten. Es gibt aber auch dem Personal die Gelegenheit, die notwendige Arbeit zu machen.
Wenn der Patient an einem Beatmungsgerät künstlich beatmet wird, muss das Pflegepersonal von Zeit zu Zeit störendes Sekret aus der Lunge entfernen. Dies geschieht, indem ein sehr dünner Schlauch durch den Beatmungsschlauch geschoben wird und so das Sekret abgesaugt wird. Dies verursacht ein unangenehmes Geräusch und es kann sein, dass der Patient beginnt zu husten oder zu würgen.
Der Patient erhält zum Teil viel Flüssigkeit über eine Infusion und es kann sein, dass der Patient aufgebläht und geschwollen aussieht. Dies ist nicht ungewöhnlich und bildet sich zurück, wenn es dem Patienten besser geht.
Einige der Geräte, an welchen der Patient angeschlossen ist, können Alarmtöne von sich geben, zum Beispiel wenn eine Infusion gewechselt werden muss. Diese Geräusche sollten Sie nicht beunruhigen, da das Pflegepersonal den Patienten jederzeit eng überwacht.
Manchmal verhält sich der Patient nicht so, wie Sie es gewohnt sind. Dies kann Ausdruck der Erkrankung sein oder durch die Medikamente verursacht sein, die der Patient erhält. Patienten können unruhig sein, verwirrt, ängstlich oder auch paranoid. Das paranoide Zustandsbild ist eine besondere Form von Angst oder Furcht und man kann fest glauben, dass sich andere Menschen gegen einen verschworen haben oder versuchen ihn zu verletzen. Auch kommen Halluzinationen vor (man sieht Dinge, die nicht real vorhanden sind) oder Albträume, die sehr real scheinen. Manchmal glauben Patienten, dass das Pflegepersonal Sie verletzen wollte. Dies kann für Sie und den Patienten sehr Besorgnis erregend sein, jedoch verbessert sich die Situation meist, sobald sich der Patient erholt.
Wenn der Patient auf der Intensivstation Medikamente bekommt, die ihn beruhigen und schlafen lassen (Sedativa), werden diese Medikamente schrittweise reduziert, sobald es der Zustand des Patienten erlaubt. Je nachdem, wie schwer krank der Patient gewesen ist und wie lange er diese Medikamente erhalten hat, dauert es Stunden oder sogar Tage, bis der Patient von diesen Medikamenten entwöhnt ist. Während dieses Entwöhnungsprozesses ist der Patient vor allem in der Anfangszeit meist müde und verwirrt, aber es ist ein notwendiger Schritt und bedeutet, dass es dem Patienten besser geht.
Wir halten es für extrem wichtig, dass die Angehörigen unserer Patienten über den Stand der Behandlung informiert sind. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Patienten damit einverstanden sind. Typischerweise bitten wir frühzeitig darum, uns aus der Familie heraus eine Person als Ansprechpartner zu benennen, über die wir unsere Informationen weitergeben können. Im Verlauf einer längeren Behandlung wird es dann häufig notwendig werden, dass eine gesetzliche Betreuung für den Patienten eingerichtet wird. Wir werden Sie unsererseits diesbezüglich ansprechen, sobald eine solche Notwendigkeit eintritt.
Wir wollen unbedingt die medizinische Behandlung des Patienten an seinen eigenen ethischen Vorstellungen ausrichten. Dazu ist es zwingend notwendig, dass Sie uns Patientenverfügungen, Patientenvermächtnisse oder Bevollmächtigungen frühzeitig zur Verfügung stellen. Auch ist es wichtig, die Haltung des Patienten zu Fragen wie Organspende kennenzulernen.
Sie können dem Patienten helfen, indem Sie auf sich selbst aufpassen. Sie sollten sich nicht schuldig fühlen, wenn Sie nicht täglich zu Besuch kommen können. Sie müssen sich von Anfang an Pausen gönnen, dies gibt auch dem Patienten Zeit, sich auszuruhen. Ihre Hilfe wird dann umso wichtiger, wenn der Patient die Intensivstation verlassen kann. Der Patient wird hier auf der Intensivstation sehr gut betreut, das Personal wird sich umgehend mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn dies erforderlich ist oder wenn sich der Zustand des Patienten ändert.
Ihre Familie und Freunde des Patienten werden sich Sorgen um Sie und den Patienten machen und Fragen an Sie haben. Sie werden diese Besorgnis und Aufmerksamkeit vielleicht zu schätzen wissen, aber es kann auch anstrengend sein, wenn das Telefon zwischen den Krankenhausbesuchen ständig klingelt, sobald Sie zu Hause sind. Die Weitergabe der Informationen per E-Mail oder SMS an mehrere Personen gleichzeitig kann vielleicht einfacher sein. Oder Sie können regelmäßig mit einer einzelnen Person sprechen und diese bitten, die Informationen an einen größeren Kreis weitergeben.
Vielleicht haben Sie keine Lust zu essen und entwickeln möglicherweise Schlafstörungen. Nehmen Sie sich jedoch Zeit, regelmäßig zu essen und sich auszuruhen, wenn Sie können. Wenn Sie müde und krank werden, können Sie sich nicht gut um den Patienten kümmern. Und denken Sie daran: Wenn Sie selbst erkrankt sind, sollten Sie keine Krankenbesuche machen. Die körpereigene Abwehr eines jeden Intensivpatienten ist schon stark angeschlagen, setzen Sie den Patienten nicht noch neuen Krankheitserregern aus, die Sie mit einschleppen.
Die Besuchszeiten unserer Intensivstationen sind eingeschränkter als die unserer normalen Krankenstationen. Dies liegt einerseits daran, dass viele Pflege- und Behandlungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Wir wollen aber auch die Privatsphäre aller Patienten sicherstellen und ausreichende Ruhephasen für die Patienten gewährleisten können. Nutzen Sie diese Zeiten zuhause, um sich selbst auszuruhen und sich darauf vorzubereiten, dem Patienten auf dem langen Weg zurück ins normale Leben bestmöglich zu helfen.
Wenn unser Patient Ihr Partner ist, können Sie sich plötzlich sehr allein fühlen. Akzeptieren Sie Hilfsangebote von Freunden und Familie. Sie haben weniger Zeit zum Einkaufen und benötigen möglicherweise Hilfe bei der Kinderbetreuung.
In Zeiten von Sorgen und Stress wenden sich Menschen häufig an ihren Partner, um Unterstützung zu erhalten. Wenn Sie nicht das Gefühl haben, anderen Familienmitgliedern von Ihren Sorgen erzählen zu können, steht Ihnen unser Klinikseelsorgeteam zur Seite. Fragen Sie unsere Pflegekräfte, wenn Sie Kontakt zur Klinikseelsorge aufnehmen wollen.
Stellen Sie sicher, dass Ihre gemeinsamen laufenden Rechnungen (Miete, Wasser, Strom etc.) bezahlt werden. Wenn Sie dazu Fragen haben, wenden Sie sich an Ihre Bank oder an die Bank Ihres Partners und erläutern Sie die Situation. Möglicherweise kann es notwendig werden, dass auch aus solchen Gründen heraus eine vorübergehende Betreuung für Ihren Partner eingerichtet werden muss, solange Ihr Partner diese Dinge nicht erledigen kann.
Sollte Geld zu einem Problem werden, so können Sie sich an die zuständige Pflegekasse oder das zuständige Sozialamt wenden, wo man Ihnen die entsprechende Hilfe anbieten wird. Der Sozialdienst unserer Station berät Sie gern über Unterstützungsmöglichkeiten und ist Ihnen bei der Antragsstellung behilflich.
Möglicherweise reagieren Sie als Angehöriger auf den Stress, unter dem Sie gestanden haben, erst dann, wenn der Patient außer Gefahr ist. Wenn Sie sich irgendwie schuldig, ängstlich oder depressiv fühlen, so ist das keine ungewöhnliche Reaktion. Suchen Sie gegebenenfalls Hilfe. Oder wenden Sie sich an Ihren Hausarzt, wenn Sie weitere Unterstützung benötigen. Auch ein offenes Gespräch im eigenen Freundes- und Familienkreis über Ihre persönliche Rolle als Angehöriger des Patienten kann helfen.
Sie sollten genau abwägen, ob ein Kind einen Elternteil oder nahen Angehörigen auf der Intensivstation besuchen sollte. Zunächst sollten Sie es mit dem Personal unserer Intensivstation besprechen, bevor Sie
ein Kind mit auf die Intensivstation bringen und auch mit dem Kind selber reden. Wenn das Kind entscheidet, auf die Intensivstation zu kommen, so sollten Sie es darauf vorbereiten, was es auf der Intensivstation sehen wird, also auch die Geräte und deren Aufgabe erklären, aber auch wie der Patient aussehen wird.
Was Sie dem Kind erzählen möchten, ist abhängig vom Alter des Kindes, und weshalb das Elternteil oder der Angehörige auf der Intensivstation liegt.
Sie können das Kind unterstützen, indem Sie:
Von Zeit zu Zeit kann es hilfreich sein, den Aufenthalt auf der Intensivstation zu erwähnen, so dass das Kind weiß, dass es darüber reden kann. Lassen Sie das Kind Fragen stellen und fragen Sie, wie es Ihnen während dieser Zeit ergangen ist. Wenn das Kind noch sehr jung ist, fällt es ihnen oft leichter, ihre Gefühle in Bildern auszudrücken oder in Rollenspielen. Bedenken Sie, dass Kinder oft sehr unverblümt Fragen stellen und wenn sich der Patient noch nicht stark genug fühlt, um damit umzugehen, bitten Sie einen Familienangehörigen, mit dem Kind über seine Erfahrungen und Gefühle zu reden.
Trotz aller intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten sterben Patienten auf den Intensivstationen. Der Tod gehört zu unserem Leben, der Tod ist letztlich unausweichlich. Suchen Sie die Schuld am Tode des Angehörigen nicht bei sich, erinnern Sie sich vielmehr an gemeinsame schöne Erlebnisse mit dem Verstorbenen. Nehmen Sie sich Zeit zum Trauern.
Sollten wir davon ausgehen müssen, dass der Patient hirntot ist, werden wir die entsprechenden Untersuchungen durchführen und mit den nächsten Angehörigen und den Familienmitgliedern eine Organspende diskutieren. Die nächsten Angehörigen werden dann mit dieser Frage konfrontiert. Entscheidend ist der Wunsch des Patienten. Diesen Wunsch des Patienten bezüglich Organspende zu kennen kann Ihnen helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Die meisten Familien, welche einer Organspende zustimmen, finden Erleichterung in dem Wissen, dass ihr Verlust auch jemandem anderes helfen wird.
Sollten Sie später noch einmal fragen zum Behandlungsablauf haben, können Sie uns gerne kontaktieren.