Bei der Angiographie handelt sich um ein invasives Verfahren zur Darstellung von Gefäßen.
Das Prinzip ist folgendes: Es wird ein dünner Katheter in das Gefäß eingeführt und zunächst ein Röntgenbild ohne Kontrastmittel (sogenanntes Leerbild) angefertigt, dann Kontrastmittel in das Gefäß eingespritzt und danach direkt eine weitere Röntgenaufnahme angefertigt. Der Computer legt das Röntgenbild vor Gabe des Kontrastmittels und das Röntgenbild mit Kontrastmittel übereinander und subtrahiert beide voneinander, so dass nur noch das Bild der Gefäße sichtbar ist (Digitale Subtraktion). Daher kommt auch die Bezeichnung DSA: Digitale Subtraktions-Angiographie.
Mit der Angiographie können Verengungen (Stenosen) in den Gefäßen erkannt werden. Ferner können Gefäße begutachtet werden, die Tumore versorgen. Der Angiographie kann sich unter bestimmten Bedingungen eine sogenannte PTA (percutane transluminale Angioplastie), also ein Aufdehnen der Verengung mit einem Ballon, anschließen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es auch möglich, sogenannte Stents (Gefäßstützen) in das Gefäß einzubringen, um das Gefäß offen zu halten.
Sowohl die Darstellung der Gefäße mittels Katheter-Angiographie (sog. diagnostische Angiographie) als auch Eingriffe unter angiographischer Steuerung (sog. angiographische Interventionen) erfolgen in enger Kooperation mit den klinischen Kollegen, insbesondere mit der Gefäßchirurgie und Angiologie im Hause. Die Fälle werden in einer regelmäßigen interdisziplinären Konferenz vorab besprochen. In Zusammenarbeit mit den operativen Fächern können auch angiographische Interventionen in Kombination mit bzw. während einer gefäßchirurgischen OP durchgeführt werden (sog. Hybrid-Eingriffe).
Am Institut für Radiologie des Klinikums Saarbrücken stehen zwei moderne 2-Ebenen-Angiographieanlagen mit Flachdetektortechnologie zur Verfügung, wobei eine dieser Anlagen sich in einem Hybrid-OP befindet und multimodal eingesetzt werden kann. Durch die hochpräzise Diagnostik können Interventionen von Kopf bis Fuß durchgeführt werden. Ferner steht ein weiteres Multifunktions-DSA-Gerät zur Verfügung, mit dem ebenfalls angiographische Interventionen durchgeführt werden können.
Führungsdraht
Verschiedene Stents
Vorbereitung zur Angiographie
Es werden diagnostische Angiographien und Interventionen in allen Abschnitten des Körpers, also von Kopf bis Fuß, durchgeführt.
Angiographie der Bauchschlagader – wann wird untersucht und behandelt?
Bei Aneurysma:
Liegt eine Aussackung der Aorta (Bauchschlagader) vor, spricht der Mediziner von einem Aneurysma. Dieses kann verkalken oder Blutgerinnsel enthalten. Die sogenannten Thromben können in kleinere Gefäße gelangen und zu Verschlüssen führen. Eine weitere Komplikation ist die Ruptur des Aneurysmas (Platzen) mit der Gefahr eines lebensbedrohlichen Blutverlustes.
Neben der offenen OP können viele Aneurysmen auch mit ummantelten Stents (sogenannte Aortenstentgrafts) versorgt werden, wobei auch komplexere Eingriffe mit individuell angepassten Prothesen und Seitenärmchen durchgeführt werden. Welches Verfahren eingesetzt werden kann, wird interdisziplinär im Gefäßzentrum des Klinikum Saarbrücken besprochen.
Das Gefäßzentrum am Klinikum Saarbrücken ist eines der wenigen Zentren, welches alle enodovaskulären Verfahren zur Versorgung von Aneurysmen distal des Aortenbogens anbieten kann. Darüber hinaus werden auch aus einem überregionalen Einzugsgebiet ggf. erforderliche Folgeeingriffe nach Aortenstentgraft (EVAR-Repair) durchgeführt (siehe Spezialverfahren und neue Behandlungsmethoden).
Bei Gefäßverengungen der Aorta (Aortenstenose):
Wie in den Becken-Bein-Arterien kann es auch in der Aorta zu Gefäßverengungen kommen, die mittels einer Dilatation (Aufdehnen) mit Einlage eines Stents behandelt werden können.
Ein typischer Einsatz der Angiographie ist die Arterienverengung (Stenosen), z.B. bei Arteriosklerose. Folgende Symptome sprechen für eine Arterienverengung:
Ggf. kann auch in der gleichen Sitzung eine Behandlung (PTA, Stent) durchgeführt werden, siehe „Behandlungsmethoden und Interventionen".
Bei Gefäßmalformationen erlaubt die Angiographie die genaue Darstellung der zu- und abführenden Gefäße und somit die Therapieplanung.
Bei Verengungen:
Symptome: Sogenannte 'renale Hypertonie'. Diese Bluthochdruckform entsteht durch Verengungen der Nierenarterien. In den meisten Fällen kann dieser Bluthochdruck nur sehr schwer mit Medikamenten eingestellt werden. Um Folgeschäden (Gefäßverkalkungen, Schädigungen der Beingefäße, Hirnblutungen etc.) zu vermeiden, muss rasch gehandelt werden.
Eine Behandlung ist mittels PTA und Stent-PTA möglich.
Bei unklaren kleinen tumorverdächtigen Nierenherden kann eine Angiographie durchgeführt und anhand des Kontrastmittelverhaltens eine Aussage gemacht werden, ob der Tumor gut- oder bösartig ist.
Bei Verengung der Halsschlagadern (Stenose der Arteria carotis):
Abgelaufene Gehirnschläge oder deren Vorläufer, sogenannte 'transitorische ischämische Attacken', können vorübergehende Lähmungen, Sprachstörungen oder vorübergehendes Erblinden verursachen. Um weitere Ereignisse dieser Art zu vermeiden, muss rasch für die ausreichende Durchblutung des Gehirns bzw. für eine Beseitigung der Stenose gesorgt werden. Die Beseitigung der Verengung ist unter bestimmten Voraussetzungen in gleicher Sitzung möglich.
Eine weitere Möglichkeit der Behandlung ist die operative Versorgung durch die Kollegen der Gefäßchirurgie. Ggf. kann eine Angiographie zur optimalen Operationsplanung dienen.
Bei Gehirnblutungen:
Eine Gehirnblutung kann unterschiedliche Ursachen haben, zum Beispiel ein Aneurysma oder Gefäßmissbildungen. Um zu differenzieren, aus welchem Grund eine Hirnblutung aufgetreten ist, wird eine Angiographie der vier gehirnversorgenden Gefäße durchgeführt.
Anhand dieser Untersuchung kann dann eine gezielte Behandlung geplant werden. Hier kommen neben der operativen Therapie durch die Neurochirurgie auch die interventionellen neuroradiologischen Verfahren mit sog. Coiling und Embolisieren in Betracht (siehe spezielle Behandlungsmethoden im Kopf-Halsbereich)
Bei spinalen Blutungen und Gefäßmissbildungen
Im Bereich der Wirbelsäule und des Rückenmarks können Gefäßmissbildungen zu einer Druckschädigung des Rückenmarks oder zu Blutungen führen. Oft können diese feinsten Gefäßveränderungen nur mit einer speziellen Angiographie der kleinsten Rückenmarksgefäße dargestellt werden.
Bei Kopf-, Hals- und Wirbelsäulentumoren
Die Charakterisierung von Tumoren mit Bestimmung des Durchblutungsgrades, der genauen Gefäßversorgung und der Gefäßarchitektur können für eine Operationsplanung entscheidend sein. Hierbei kann auch die Möglichkeit einer praeoperativen angiographischen Embolisation zur Reduktion des Blutungsrisikos bei einer OP evaluiert werden. Oft ist dieses in der gleichen Sitzung möglich.
Bei Darmblutungen:
Symptome einer Darmblutung sind Blut im Stuhl oder blutiges Erbrechen. Die Angiographie kann bei Austreten einer bestimmten Blutmenge pro Minute die Leckage im Darmgefäß darstellen und eventuell verschließen.
Zur Lokalisation von Gefäßverengungen:
Symptome einer Darmarterienverengung sind krampfartige Bauchschmerzen, die insbesondere nach Mahlzeiten auftreten (Angina abdominalis). Eine Behandlung ist in gleicher Sitzung möglich.
Bei blutenden Tumoren:
Zum Beispiel bei Bronchialcarcinomen kann durch das Tumorwachstum eine Arrosion eines Gefäßes durch Einwachsen des Tumors entstehen. Symptom dieser Gefäßverletzung ist das Aushusten von Blut. In der Angiographie erfolgt die Darstellung der Blutungsquelle und der eventuelle Verschluss des zuführenden Gefäßes. Auch bei verschiedenen entzündlichen Veränderungen (z.B. nach Tuberkulose-Tbc) kann eine Lungenblutung auftreten, welche auch interventionell behandelt werden kann.
Bei Kurzschlussverbindungen zwischen Lungenarterien und Lungenvenen:
AV-Fisteln (= arteriovenöse Fisteln) sind meist anlagebedingt und können sehr groß werden. Dadurch fließt eine große Blutmenge an dem funktionellen Lungengewebe vorbei und kann daher nicht mit Sauerstoff angereichert werden. Dies führt zu einer Minderversorgung des Körpers mit Sauerstoff und zu einer Volumenbelastung des Herzens. Ein Verschluss dieser Fisteln kann angiographisch erfolgen.
Darstellung von Verengungen eines Dialyseshunts:
Dialyseshunts sind operativ angelegte arteriovenöse Kurzschlussverbindungen, die bei Patienten mit fehlender Nierenfunktion angelegt werden. Sie werden verwendet, um schnell eine große Menge Blut durch die 'künstliche Niere' reinigen zu können. Diese Shunts können nach einer gewissen Zeit Verengungen zeigen. Die Angiographie kann diese Verengungen darstellen. In gleicher Sitzung kann oft die Engstelle beseitigt werden. Heute ist auch die Beseitigung von Einengungen der großen zentralen Venen mit Kathetertechniken möglich. Die Eingriffe erfolgen in enger Kooperation mit dem Dialysearzt und den Kollegen der Gefäßchirurgie.
Siehe hierzu auch Funktionsbereich MRT (Kernspintomographie) und Computertomographie (CT).
Welche Behandlungsmethoden können vorgenommen werden?
01. Aufdehnen von Engstellen mittels Ballonkathetern (PTA= percutane transluminale Angioplastie) und falls erforderlich Einbringen von Gefäßstützen (Stents), wenn die alleinige Ballondilatation die Stenose nicht beseitigen kann. An welchen Gefäßen können diese Interventionen durchgeführt werden?
02. Lokale Lyse über einen Katheter, um gezielt thrombotische Verschlüsse mit Medikamenten aufzulösen. Alternativ können heute mechanische Entfernungen mit Absaugtechniken, oder Entfernen mit Fangkörbchen und Reusen durchgeführt werden. Auch können alte Gefäßverschlüsse ausgeschält werden. Siehe auch neue Behandlungsmethoden.
03. Stillung von Blutungen bei Tumoren, ausgedehnten entzündlichen Veränderungen oder bei Gefäßverletzungen. Die verwendeten Materialien sind kleine Partikel (Acrylpolymere), kleine Platinspiralen, Plugs (Okkluder), Flüssigkleber und moderne Embolisate, wie Onyx.
04. Verschließen von Kurzschlussverbindungen (AV-Fisteln) mit Platinspiralen, speziellen Okkludern, Stentgraft (ummantelte Stents) oder Flüssigembolisate.
05. Transarterielle Chemoembolisation von Lebertumoren (TACE). Hier wird das Chemotherapeutikum über einen dünnen Katheter direkt in den Tumor gegeben und die Tumorgefäße anschließend verschlossen. Hierdurch lässt sich die Menge des Chemotherapeutikums deutlich reduzieren mit konsekutiv geringerer Nebenwirkungsrate, bei gleichzeitig deutlich stärkerer Wirkung im Tumor. Bei Gabe über eine Armvene sind wesentlich größere Mengen erforderlich.
06. Verschluss (Embolisation) von Gefäßmissbildungen (Gefäßmalformationene) in allen Körperabschnitten mit Klebern, speziellen Embolisaten, Partikeln und Spiralen
07. Aufdehnen von Verengungen in Dialyseshunts mittels Ballonkathetern.
08. Verschluss von inneren Venennbei pelvinem venösen Kongestionssyndrom
09. Behandlung von Verletzungen der großen Gefäße oder von Aneurysmen der Aorta und der Beckengefäße mit Stentgraft, ggf. mit Seitenärmchen oder fenestrierte Prothesen (EVAR, FEVAR, Side branch).
10. Es werden ferner zahlreiche Spezialverfahren und neue Behandlungsmethoden einschließlich venöser Interventionen sowie spezielle Behandlungsmethoden im Kopf-/Halsbereich und im Wirbelsäulenbereich (sog. neuroradiologische Interventionen) durchgeführt.
Am Institut für Radiologie wurden zuletzt auch verschiedene neue diagnostische und interventionelle Spezialverfahren und neue Behandlungsmethoden implementiert, um die bestmögliche und moderne Versorgung der Patienten sicherzustellen. So werden heute neben der katheterbasierten Angiographie auch nicht-invasiv alle Gefäßabschnitte des Körpers von Kopf bis Fuß mit moderner Schnittbildgebung (MR-Angiographie, CT-Angiographie) dargestellt. Auch die Venen des gesamten Körpers einschließlich der kleinen Unterschenkelvenen und der kleinen Hirnvenen können mit der MR-Venographie unter Einsatz spezieller Kontrastmittel dargestellt werden.
Bei den angiographischen, diagnostischen und interventionellen Verfahren und Behandlungsmethoden kommen zum einen neueste Kathetermaterialien mit neuer Beschichtung, medikamentenbeschichtete Ballons und medikamentenfreisetzende oder ummantelte Stents als auch deutlich dünnlumigere sog. Mikrokathetersysteme zum Einsatz. Durch Einsatz dieser modernen Techniken sind in zunehmendem Maße auch Veränderungen kleinerer Gefäße wie z.B. der Unterschenkelgefäße interventionell behandelbar geworden. Darüber hinaus können heute die Gefässe „von innen ausgeschält“ werden.
Medikamentenbeschichtete Ballonkatheter sowie medikamentenfreisetzende Stents:
Ähnlich wie im Bereich der Herzkranzgefäße können auch im Bereich der Becken-Beinstrombahn neue Kathetermaterialien eingesetzt werden, welche während der Intervention, also der Behandlung einer Gefäßverengung, lokal Medikamente freisetzen. Diese lokalen Medikamente vermeiden das Risiko einer erneuten Stenose nach Behandlung, sog. Restenose. Bei den Ballonkathetern wird durch das Aufdehnen des Ballons das Medikament, welches direkt der Oberfläche anliegt, in die Wand abgegeben und wirkt dort nach der Behandlung weiter. Darüber hinaus sind nun auch spezielle Stents verfügbar, welche langsam nach Freisetzung Medikamente in die Gefäßwand abgeben, um eine überschießende Gefäßwandreaktion zu vermeiden. Dieses ist insbesondere bei Patienten mit Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) von Vorteil, da gerade bei diesen Patienten etwas gehäuft Restenosen auftreten können. Beide Behandlungsverfahren werden am Klinikum Saarbrücken bei ausgewählten Patienten eingesetzt. Ob und welche der Verfahren für eine Behandlung möglich sind, erfolgt in enger Absprache mit den Kollegen der Gefäßchirurgie.
Mikrokathetersysteme:
Die Weiterentwicklung der Kathetersysteme erlaubt nun auch über deutlich dünnlumigere Systeme Behandlungen im Bereich der Gefäße durchzuführen. Während noch vor kurzem dickerlumige Systeme (sog. 6-French-Systeme oder höher) regelmäßig eingesetzt wurden, so sind heute in vielen Fällen deutlich kleinlumigere Systeme (4-French) verfügbar. Durch diese dünnlumigeren Zugangssysteme können sowohl Ballondilatationen oder aber auch Stentapplikationen durchgeführt werden, so dass die Verletzung des Gefäßes im Zugangsbereich deutlich geringer ist. Durch die dünnlumigeren Systeme und die dünnen Kathetertechniken können in zunehmendem Maße auch die Gefäße weiter peripher versorgt werden.
Durch Einsatz von sehr kleinlumigen Kathetersystemen ist heutzutage auch die Behandlung der kleineren Unterschenkelgefäße bis auf Höhe des Fußrückens möglich. Insbesondere bei Patienten mit drohender Fußamputation kann hier durch eine Rekanalisation der Unterschenkelgefäße eine verbesserte Durchblutungssituation erreicht werden, um eine Fußamputation möglichst zu vermeiden. Für eine solche Behandlung sind spezielle dünnlumige und langstreckige Ballonkatheter erforderlich. Am Klinikum Saarbrücken wird in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Gefäßchirurgie regelmäßig auch die Rekanalisation von Unterschenkelgefäßen durchgeführt. Dabei kann es auch erforderlich sein, nicht nur ‚von oben‘, also entlang des Blutstroms vorzugehen, sondern wir sind mittlerweile auch in der Lage, vom Fußrücken rückwärts gerichtet sogar langstreckig vollständige Verschlüsse zu behandeln.
Ob eine interventionelle Behandlung (Ballondilatation) im Unterschenkelbereich eine Behandlungsoption darstellt, oder aber ob eine operative Sanierung mit Bypass der Vorzug gegeben werden soll, wird jeweils mit den Kollegen der Gefäßchirurgie interdisziplinär abgesprochen. Letztendlich ist aber durch diese Verfahren häufig ein Fußerhalt bzw Beinerhalt möglich.
Die Weiterentwicklung von modernen Katheterverfahren ermöglicht es heute nicht nur eine Ballondilatation oder eine Stentimplantation bei Gefäßverengungen oder Verschlüssen durchzuführen, sondern vielmehr auch die Einengungen und Plaques, welche das Gefäßlumen einengen oder verschließen mittels rotierender Messersysteme auszuschneiden und somit das Gefäß wieder zu eröffnen. Diese sogenannten Atherektomien wurden bereits vor vielen Jahren entwickelt, konnten aber aufgrund der Materialbeschaffenheit der Systeme nicht eine weite Verbreitung finden. Die neuen Systeme hingegen erlauben hier mit äußerst niedriger Komplikationsrate und sehr gutem Langzeitergebnis solche Veränderungen komplett aus dem betroffenen Gefäß zu entfernen. Ein typisches Einsatzgebiet für diese Atherektomien sind z. B. Veränderungen auf Höhe der Arterien des Kniegelenkes, da dort konventionelle Stentsysteme durch das Bewegungsausmaß des Gelenkes geschädigt werden können.
Bestrahlung von Gefäßen
In seltenen Fällen kann es nach einer Ballondilatation oder aber einer Stentimplantation in die Becken-Beinstrombahn zu einer erneuten Einengung des Gefäßlumens kommen, bedingt dadurch, dass eine überschießende Reaktion der Gefäßwand auf die Behandlung folgt. Neben der erneuten Behandlung mittels Ballondilatation und ggf. erneuter Einbringung einer Gefäßstütze kann am Institut für Radiologie am Klinikum Saarbrücken in besonderen Fällen auch eine lokale Bestrahlung von Gefäßen durchgeführt werden. Hierzu wird nach erneuter Dilatation der Enge kurzfristig eine Strahlenquelle in das Gefäßlumen auf Höhe der Restenose eingeführt. Diese Therapie erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Strahlentherapie im Hause und zusammen mit den Kollegen der Gefäßchirurgie. Ob eine solche Behandlung mittels Bestrahlung indiziert ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab und wird interdisziplinär im Rahmen einer Konferenz erörtert.
Für bestimmte Indikationen wie z.B. das Ausschalten von Aneurysmen in der Becken-Beinstrombahn oder von Gefäßverletzungen kann auch ein ummantelter Stent zum Einsatz kommen. Solche sog. Stentgrafts sind mit einer zusätzlichen Kunststoffhülle umgeben und decken damit das Aneurysma ab bzw. mit diesen Stents kann das Gefäßlumen rekonstruiert werden (Abbildung).
Auf Höhe der Gelenke kommt es durch die Bewegungen der umliegenden Weichteile auch zu Knickbewegungen der Blutgefäße, was den Einsatz von bisherigen wiedereröffnenden Maßnahmen erschweren kann. Gerade der Einsatz von herkömmlichen Gefäßstützen (Stents) ist hier oft limitiert durch die Gefahr einer Stentfraktur bzw. einer Schädigung der Stentstreben. Am Klinikum Saarbrücken können nun auch spezielle sogenannte gewebte Stentsysteme eingesetzt werden, welche explizit für solche Bewegungsabschnitte entwickelt wurden und eine erheblich höhere Bewegung und Biegsamkeit für das komplette Bewegungsausmaß eines Gelenkes tolerieren, ohne wesentliche Scherkraft für die Gefäßwand und ohne Gefahr einer Stentfraktur. Insbesondere sind hier Läsionen auf Höhe der Kniekehle (Arteria poplitea) zu nennen, welche nun mittels dieser neuen Stent-PTA behandelbar geworden sind.
Mit diesen Verfahren sind nun auch Behandlungen im Kniebereich möglich, so dass die offene OP oft vermieden werden kann.
Welches Stentsystem jeweils für den einzelnen Patienten und für die jeweilige Läsion in Frage kommt, wird zunächst interdisziplinär im Gefäßzentrum erörtert und hängt ggf. vom angiographischen Befund und dem Ergebnis nach der Dilatation ab.
Durch den Einsatz von verschiedenen Partikeln und neu entwickelten Embolisaten wie Klebern (z.B. Glubran etc) oder mehr kleisterartigen Materialien (z.B. Onyx) ist es möglich geworden, Tumore vor einer Operation von der starken Durchblutung abzuschneiden, um somit eine Operation zu ermöglichen, oder aber auch um eine Tumorblutung zu behandeln. Andererseits können gleichzeitig auch Medikamente im Tumor so verankert werden, dass die Wirkung lokal verstärkt wird. Darüber hinaus können Gefäßmissbildungen wie Gefäßknäuels etc. mit Klebern (Onyx) ausgefüllt und so behandelt werden. Mit solchen modernen Embolisaten besteht häufig nun auch eine Behandlungsoption in jenen Fällen, für die es bisher oft keine Behandlungsalternative gab. Ggf. können Embolisationen auch als Vorbereitung auf eine anschließende Operation erfolgen. Die neuen Embolisate (Onyx etc) oder Gewebekleber (Glubran etc.) können neben Spiralen auch bei vielen Blutungen zum Gefäßverschluss eingesetzt werden.
Mit speziellen Mikrokathetern können selektiv die blutversorgenden Gefäße zu einem Tumor aufgesucht werden und diese können dann entweder mit kleinen Partikeln oder Embolisaten verschlossen werden, so dass die Tumore von der Blutversorgung abgeschnitten sind. Hierdurch kann es zu einer Schrumpfung der Tumore kommen. Verschiedene Tumore können gleichzeitig auch mit einer lokalen Chemotherapie behandelt werden, so dass die systemische Wirkung reduziert ist, aber der Tumor lokal verstärkt behandelt wird. Diese Verfahren können gut mit der Embolisation, also dem Gefäßverschluss, kombiniert werden. Beispiel einer solchen Behandlung wäre die transarterielle Chemoembolisation (TACE) beim Lebercarcinom (HCC) (Abbildung), aber auch bei verschiedenen Metastasen kommen solche Verfahren zum Einsatz. Neu etabliert haben sich hier spezielle kleine Partikel, welche mit speziellen Chemotherapeutika beladen werden können, so dass diese sich im Kapillarbett der Tumore verankern und hier lokal verlängert die Wirkung entfalten können. Beispiele wären die sogenannte DEBIRI-Behandlung. In einigen Fällen kann eine kathetergesteuerte Tumortherapie auch mit einer perkutanen Thermoablation (z.B. die CT-gesteuerte Mikrowellenablation) kombiniert werden, um den Therapieeffekt zu verbessern. Welche kathetergesteuerte Tumortherapie in Frage kommt, wird im interdisziplinären Tumorboard bzw. im Onkovaskulären Zentrum des Klinikums Saarbrücken besprochen.
Als weitere neue Möglichkeit kann nun auf der neuen Angiographieanlage im Klinikum Saarbrücken die kathetergesteuerte Tumorchemoembolisation mit einer perkutanen Direktpunktion zur Thermoablation kombiniert werden, und das in einer Sitzung auf einem Gerät. Hierzu werden MRT- oder CT- Datensätze in Echtzeit mit der DSA-Angiographie und mit einer Flachdetektor- CT (sogenanntes Dyna-CT, erstellt auf der Angiographieanlage) dreidimensional fusioniert.
Neben den Hochdruckgefäßen des Körpers (den sogenannten Arterien) mit den dort typischen Einengungen durch artherosklerotische Veränderungen (Plaques) werden am Klinikum Saarbrücken nun auch angiographisch gesteuerte interventionelle Eingriffe im Bereich der Venen durchgeführt. Hierbei sind insbesondere Behandlungen bei akuter Thrombose in der Becken- und Beinstrombahn zu nennen oder aber auch Rekanalisationen von älteren Verschlüssen auf Höhe der Beckenetage.
Gerade nach Thrombose sind häufig postthrombotische Syndrome mit Funktionseinschränkung der Extremität zu befürchten, so dass eine Entfernung des thrombotischen Materials bzw. eine Wiederherstellung des Blutflusses in den Venen angestrebt wird. In besonderen Fällen kann hierzu nun auch ein lokaler Lysekatheter, welcher mit Hilfe von zusätzlicher Ultraschalleinwirkung den Thrombus rasch auflöst, eingesetzt werden. Zum anderen ist es heutzutage auch möglich die Beckenvenen mittels Stentimplantation zu rekonstruieren, um somit den Blutrückstrom aus dem Bein durch das Becken zurück zum Herzen wieder zu ermöglichen. Solche revaskularisierende Verfahren im Bereich der Venen kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn konservative Verfahren versagt haben oder eine zunehmende Symptomatik nach Thrombose auftritt. Gleichzeitig werden solche Verfahren auch in Kombination mit gefäßchirurgischen Eingriffen in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Gefäßchirurgie angeboten.
Zur Vermeidung einer schweren, oft lebensbedrohlichen Lungenembolie werden spezielle Filtersysteme in die untere Hohlvene (sog. Cava-Filter) platziert, welche den Embolus auffangen. Heutzutage können diese Filtersysteme auch mehrere Wochen nach der Implantation noch wieder entfernt werden, so dass ein Schutz für die gesamte Behandlungsdauer erzielt werden kann.
Durch eine Abflussstörung der Ovarialvene oder der inneren Beckenvenen kann es zur Ausbildung von Krampfadern im Bereich des kleinen Beckens kommen. Die Patientinnen klagen über im Verlauf der Jahre zunehmende Schmerzen insbesondere im Stehen oder in Linksseitenlage. Zumeist ist ursächlich der Verlust der Klappenfunktion in der aufsteigenden Ovarialvene, aber auch andere Venen können betroffen sein. Hierdurch kommt es zu einem massiven Rückstau, was die Beschwerden auslöst. Betroffen sind insbesondere Frauen im gebärfähigen Alter.
Die interventionelle Behandlung besteht in einer Coil- oder Kleberembolisation der beteiligten Venen. Bis zu 90 % der Patienten berichten danach über eine erhebliche Beschwerdebesserung. Einige Fallbeispiele wurden in einer Publikation zusammengefasst.
Aussackungen und Verletzungen der Bauchschlagader (Aorta abdominalis) oder der absteigenden Hauptschlagader im Brustkorb (Aorta thoracica descendens) können endovaskulär mit ummantelten Stentgrafts behandelt werden. Liegt die Aussackung ausreichend weit unterhalb der Nierenarterien und sind die Beckenarterien nicht beteiligt, so kann die Versorgung mittels einfacher EVAR (Aorto-bi-iliacaler Stentgraft) erfolgen. Auch Versorgungen von Aussackungen der Beckenarterien können mit Stentgrafts versorgt werden, ggf. mit Seitenärmchen für die innere Beckenarterie. Involviert das Aneurysma auch die Abgänge der Bauchgefäße (Visceralgefäße), so können speziell für den Patienten individuell angefertigte Stentgraft- Systeme mit Seitenärmchen oder Fenstern zur Rekonstruktion dieser Visceralgefäße implantiert werden. Auch eine Aussackung der thorakalen Aorta kann mitbehandelt werden. Die verschiedenen Systeme können ggf. auch kombiniert implantiert werden, so dass langstreckige minimalinvasive endovaskuläre Rekonstruktionen möglich sind.
EVAR und FEVAR Eingriffe erfolgen zusammen im Gefäßzentrum mit den Kollegen der Gefäßchirurgie.
EVAR-Repair
Eine spezielle Expertise besteht in der Durchführung von ggf. erforderlichen weiteren Behandlungen nach Aortenstentgraft (EVAR bzw. FEVAR). In seltenen Fällen können Undichtigkeiten entstehen oder über kleine Seitenäste kann auch eine Restdurchblutung des Aneurysmasackes entstehen (sogenannte Endoleaks), welche dann zum Teil behandelt werden müssen. Durch die Verfügbarkeit verschiedenster Materialien auch von kleinsten Kathetern, welche ansonsten im Bereich der Neuroradiologie und für Interventionen im Gehirn oder im Rückemarksbereich eingesetzt werden, kann nun auch über kleinste Kollateralen der Zufluss aufgesucht werden und entweder mit Coils oder Plugs behandelt werden oder aber auch Zuflüsse und der Aneurysmasack selber mit speziellen Embolisaten ausgekleidet werden (siehe Abbildung).
Auch andersartige Leckagen, z. B. durch Fortschreiten der aneurysmatischen Veränderung von angrenzenden Gefäßabschnitten, können ebenfalls mit speziellen Techniken behandelt werden.
Verschluss-System bei großlumigen Gefäßzugängen
Heute werden vielfach schmalkalibrige (4 French) oder Mikrosysteme für die Katheterbehandlung eingesetzt. Für größere Gefäßzugänge können Verschluss-Systeme (Gewebekleber mt Anker) wie z.B. Angioseal oder Femoseal eingebracht werden. Größere Zugänge, wie sie z.B. bei einer EVAR benötigt werden, können heute mit speziellen perkutanen Gefäßnaht-Systemen verschlossen werden, was den Hautschnitt und die chirurgische Gefäßnaht vermeidet.
bei kleinem Defekt in der Ummantelung in einem Hauptkörper einer EVAR. Der Defekt liegt kurz oberhalb der sog. Neo-Bifurkation. Daher individuelles Ausmessen mit Test-Ballon und dann passgenaue Implantation eines ballonexpandierenden Aortenstengrafts. Danach ist die Leckage behoben.
Mehr dazu finden Sie im Leistungsspektrum unter dem Punkt: Neuroradiologie, „Spezielle Behandlungsmethoden im Kopf-/Halsbereich und an der Wirbelsäule" im Artikel "neuroradiologische Diagnostik und Behandlung" .