Eine drohende Energiekrise ist für Krankenhäuser eine echte Herausforderung – vor allem angesichts längst überfälliger Investitionen in die bauliche Infrastruktur. Obwohl dieser Umstand die Einsparpotenziale deutlich limitiert, setzt sich das Klinikum Saarbrücken aktiv mit den Energiefressern im Haus auseinander. Wie das aussieht und welche Maßnahmen in der ersten Stufe des Energiesparplans zum Tragen kommen, hat der Saarländische Rundfunk im Rahmen des Aktuellen Berichts gezeigt und mit dem Technischen Leiter Dr. Ingo Friedrich sowie Dr. Christian Braun, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor, gesprochen. (ab Minute 10:50).
Das Klinikum Saarbrücken rüstet sich bereits jetzt aktiv für einen Engpass in der Energieversorgung und spart jetzt schon, wo es geht. "Die Energiekrise wird uns als Gesellschaft insgesamt, aber auch jeden Einzelnen in seinem persönlichen Umfeld vor große Herausforderungen stellen"", sagt Dr. Christian Braun, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor.
Krankenhäuser = Energiefresser
Krankenhäuser trifft dies besonders hart, denn sie sind echte „Energiefresser“. Auf dem Winterberg gibt es aktuell mehr als 4000 beheizte Räume, hinzu kommen Klima- und Lüftungsgeräte, der "Großverbraucher" Zentral-OP, unsere Großküche, die Zentralsterilisation mit eigener Dampfzentrale, eine Vielzahl medizinischer Großgeräte wie das CT oder MRT sowie Hunderte von PCs und Servern.
Angesichts der momentanen Entwicklungen auf dem Energiemarkt hat sich die Führungsebene des Klinikums dazu entschlossen, aktiv statt passiv zu sein. „Zu warten ist keine Option“, sagt Dr. Christian Braun. Deshalb beschäftigt sich seit einigen Wochen eine „Arbeitsgruppe Energie“ intensiv mit Einsparpotenzialen auf dem Winterberg. Das Motto: Alle für alle. „Jeder Mitarbeitende kann und muss seinen Beitrag zum Gelingen leisten“, sagt Braun, „dafür werden wir alle an vielen Stellen unsere Behaglichkeitszone verlassen müssen. Selbstverständlich steht die Einhaltung hygienetechnischer Vorschriften, insbesondere im Kontext der gerade wieder aufflammenden Corona-Pandemie, außer Frage, gleiches gilt für die Patientensicherheit."
Unzureichende Investitionsfinanzierung rächt sich
Doch trotz aller Bemühungen gibt es auch ein großes ABER: Die über viele Jahre unzureichende Investitionsfinanzierung der Kliniken räche sich jetzt besonders, sagt der Geschäftsführer: "Die vielerorts überalterte bis marode bauliche Infrastruktur limitiert die Einsparpotentiale immens, das gilt auch für Heizungen, Lüftungsanlagen und Gerätschaften. Diesen Preis zahlen wir jetzt doppelt und dreifach!"
Und wie und was spart das Klinikum jetzt ein?
In den vergangenen Jahren wurde auf dem Winterberg schon einiges an Energiesparmaßnahmen im Rahmen unserer Möglichkeiten auf den Weg gebracht (Umstellung auf LED-Beleuchtung & Ökostrom, Bau einer eigenen Dampfzentrale, u.a.m.), aber dies wird bei Weitem nicht ausreichen. Deshalb läuft jetzt die Stufe 1 des Maßnahmenpakets, die als Einsparpotenziale identifiziert wurden:
Durch Einsparungen bei der Fernwärme, beispielsweise kein Heizen mehr in den Sommermonaten und die Reduktion der Maximaltemperaturen in den Räumen, können wir pro Jahr 1430 Megawattstunden (MWh) einsparen. Das entspricht dem Verbrauch von 50 Einfamilienhäusern (aktueller Verbrauch: rd 9200 MWh = 310 Einfamilienhäuser).
Durch Einsparungen beim Dampfverbrauch, z.B. Verzicht auf die automatische Befeuchtung der OP-Luft, bietet sich ein Einsparpotenzial von rund 300 MWh Erdgas pro Jahr – was dem Verbrauch von 10 Einfamilienhäusern entspricht (aktueller Verbrauch: 1830 MWh = 60 EFH).
Der Stromverbrauch soll durch diverse Maßnahmen reduziert werden, bspw. durch eine reduzierte Leistung unserer Lüftungsanlagen und die Sensibilisierung unserer Beschäftigten hinsichtlich der Einsparpotenziale jedes Einzelnen. Ingesamt wurde hier ein Einsparpotenzial von rund 450 MWh im Jahr errechnet, dies entspricht dem Verbrauch von 100 EFH (aktueller Verbrauch: 8425 MWh = 1870 EFH).
Jeder Beitrag zählt! Die Dimensionen des Energieverbrauchs eines Krankenhauses sind gewaltig, aber es ist keine Sackgasse. Veränderungen können aber nur gemeinsam erreicht werden. "Vieles hängt vom Verhalten jedes Einzelnen ab", sagt Dr. Christian Braun, "wir müssen Bewusstsein schaffen, im Großen wie im Kleinen – jeder kann und muss seinen Betrag leisten. Die aufgeführten Maßnahmen sind in erster Linie Behaglichkeitseinschränkungen, keine wirklichen Opfer. Falls sich die Energiekrise ausweitet, werden wir über weitere Einsparpotenziale mit dann auch weiteren Einschränkungen sprechen müssen."
Klimaretter - Lebensretter
Als bisher einziges Krankenhaus im Saarland ist das Klinikum Saarbrücken im Übrigen auch Mitglied des Projekts Klimaretter-Lebensretter: „Damit setzen wir ein besonderes Zeichen“, sagt Braun, "wir zeigen unter anderem damit, wie wichtig uns dieses Thema ist".