Corona-Tagebuch: Dezember 2021

Karsten Schmitt, pflegerischer Leiter unserer Intensivstation 43, berichtet im Corona-Tagebuch über seine Erfahrungen im Dezember 2021.

 

Hinweis: Aus Gründen des Datenschutzes wurden die Anfangsbuchstaben der Patientennamen willkürlich vergeben.

Corona-Tagebuch: Dezember 2021

01.12.21: "Jeder Tag ohne Intubation ist ein guter Tag für diese Patienten."
  • Die erste Nacht im Corona-Beatmungszentrum verlief für eine Patientin leider mit dem denkbar schlechtesten Verlauf, Frau P. ist um 02:48 Uhr verstorben. Der Ehemann und die Eltern konnten sich bei ihr verabschieden. Sie war erst 39 Jahre alt, aber durchaus mit Vorerkrankungen behaftet.
     
  • Die wachen, nicht-intubierten Patienten (Frau N., Herr W., Herr T.) auf der Coronaintensivstation halten sich stabil. NIV-Maske / HighFlow-Therapie sind ihre ständigen Begleiter. Jeder Tag ohne Intubation ist ein guter Tag für diese Patienten.
     
  • Herr F. musste heute erneut auf den Bauch gedreht werden, zuvor wurde er noch bronchoskopiert. Dies ermöglicht, Sekret oder sonstige Ablagerungen in den Bronchien zu beseitigen. Eine Bronchoskopie bringt immer eine große Gefahr mit sich, die Aerosol-Belastung durch den Patienten nimmt in der umgebenden Luft zu, weil das Beatmungssystem dafür geöffnet werden muss, um das Bronchoskop durch den Tubus in die Lunge zu führen.
     
  • Herr O. hält sich stabil, muss aber weiter an der Dialyse angeschlossen sein.
     
  • Die beiden ECMO Patienten auf ZIN 43 halten sich sehr unterschiedlich, Herr U.s ECMO-Weaning kann glücklicherweise fortgeführt werden. Aktuell sieht es bei ihm nach einem positiven Verlauf aus.
     
  • Herr J. musste heute wieder in die Bauchlage transferiert werden. Trotz ECMO hat sich die Lunge wieder zunehmend verschlechtert. Eine Bauchlage war bei ihm eigentlich nicht mehr vorgesehen aufgrund mehrerer Komplikationen, aber aufgrund der neuen Situation bleibt ihm keine Alternative.
     
  • Die Stimmung im Team hält sich heute in der Waage, das CoBaz wurde eröffnet und die aktuelle Patientenzahl vor Ort ermöglicht ein geregeltes Reinfinden in die alten / neuen Räumlichkeiten. Die Abläufe auf der Coronaintensivstation müssen sich jetzt erst auch wieder etwas finden und es muss Sicherheit erlangt werden. Wo finde ich Equipment, wo sind die Telefone und Passwörter, wer ist mit auf meinem Dienst, dies sind alles Fragen, die sich die Kollegen stellen.

    Besonders die Frage: „Wer ist mit mir auf dem Dienst?“, ist nicht außer Acht zu lassen. Es befinden sich Mitarbeiter von unseren beiden Intensivstationen auf dieser Einheit (CoBaz), beide Teams haben in den verschiedensten Situationen verschiedene Herangehensweisen im Arbeitsalltag. Bis sich die Dinge so reguliert haben, dass es Hand in Hand läuft, werden noch ein paar Tage vergehen müssen.
Icon positive Covid-19-Probe
02.12.21: Gespanntes Warten auf das, was kommt
  • Heute war einer der seltenen geregelten Arbeitstage, an dem die Pläne vom frühen Morgen ohne größere Komplikationen im Laufe des Tages umgesetzt werden konnten. Aktuell warten alle gespannt, auf das was kommt: Erwartet uns eine Masse an Covid-Erkrankten oder hält es sich in der Waage, die nächste Woche wird uns da sicher schlauer machen.

    Meine Intensivstation ist aktuell mit dem Versorgen des elektiven OP-Geschäfts und der Versorgung von Covid-Verdachtsfällen beschäftigt.
     
  • Wir haben heute auf ZIN 43 einen neuen Covid-Verdachtsfall aufgenommen, Herr C. ist 69 Jahre alt, vollständig geimpft, aber ohne Booster. Er ist seit 14 Tagen mit Symptomen zu Hause. In den letzten fünf Tagen haben sich diese verschlimmert, so dass er heute vom Rettungsdienst zu uns gebracht wurde. Das PCR-Ergebnis steht noch aus, aber die Röntgen- und CT-Bilder sind ziemlich eindeutig. Der Verdacht wird sich spätestens morgen mit Sicherheit bestätigen. Aktuell kann er unter einer Sauerstoffmaske bei uns versorgt werden, wir werden ihn aber zeitnah mit der bewährten NIV-Therapie behandeln und so hoffentlich Schlimmeres verhindern.
     
  • Unsere beiden Patienten an der ECMO bereiten mir und dem gesamten Team heute große Sorgen. Herr J. muss wieder auf den Bauch gedreht werden, die Lunge macht nicht den Eindruck, als würde sie sich erholen.

    Herr U., den wir gestern weiter von der ECMO entwöhnen wollten, hat sich über Nacht leider wieder verschlechtert. In diesem Fall liegt der Fokus nicht allein auf der Lunge, sondern auf dem Magen-Darm-Trakt. Wir kennen es bereits aus den letzten Wellen, dass die Patienten mit der Verdauung Probleme bekommen und sie trotz Ernährung und gezielter Darmmobilisation (Abführmaßnahmen) nicht ausreichend abführen können. Dies stört irgendwann den kompletten Organismus und führt unter anderem zu Kreislaufproblemen, Herr U. hat rasant steigenden Katecholaminbedarf. Dies bedeutet, dass wir die Medikamente (u.a. Arterenol), die den Blutdruck aufrechterhalten sollen, stark erhöhen müssen. Es ist ein Auf und Ab bei ihm, es sieht aber heute schlechter denn je bei ihm aus. Man spürt bei den betreuenden Pflegekräften eine gewisse Enttäuschung über diesen Verlauf, weil sie jeden Tag alles für ihn geben und es dennoch unter Umständen nicht ausreicht. Aber leider lässt das Coronavirus da nicht mit sich reden…
     
  • Unsere Patienten im CoBaz haben sich an die neue Umgebung gewöhnt. Frau N. hat der Umzug scheinbar gutgetan, sie wirkt psychisch stabiler und hat heute auch etwas gegessen.

    Herr W. hat endlich den Sinn hinter dem eigenständigen Drehen auf den Bauch verstanden, was seiner Lunge sofort gutgetan hat, die Sauerstoffkonzentration konnte bei ihm reduziert werden.

    Ebenso Herr T. erlebt aktuell einen erfreulichen Verlauf.

    Herr F. ist weiterhin intubiert und beatmet, mit einer sehr hohen Sauerstoffkonzentration über die Beatmungsmaschine gibt es für ihn heute keine Alternative zur Bauchlage.
Icon behandschuhte Hände bilden Herz
03.12.21: Motiviertes Team gegen demotivierende Verläufe
  • Heute sehen wir welchen zusätzlichen Einfluss die seit Wochen hohen Infektionszahlen auf unseren täglichen Ablauf haben. Gestern haben wir einen Covid-Verdachtsfall aufgenommen, Herr C. ist mit Sicherheit Covid-positiv (die CT-Bilder sind ziemlich deutlich), wir warten jedoch seit nun über 24 Stunden auf das Ergebnis des PCR-Abstrichs. Das liegt daran, dass die Labore aufgrund der vielen Tests aus der Bevölkerung im Saarland überlastet sind und uns daher erst mit großer Verzögerung die Ergebnisse zuschicken können.

    Das hat für uns zur Folge, dass wir den Patienten weder ins CoBaz verlegen können (fraglich positiv), noch dass wir ihn aus der Isolierung herausnehmen können (fraglich negativ). Dies führt unweigerlich dazu, dass ein Intensivbett belegt ist, mit dem wir in keine Richtung weiter agieren können. Vermutlich wird es Nachmittag bis früher Abend, bis das Ergebnis kommt und wir anschließend handeln können. Diese Dinge stören die Abläufe im Alltag und kosten uns unnötige Zeit, die wir mit Warten und „Eventuell-Gedankenspielen“ verbringen müssen.
     
  • Auch bei Herrn C. zeigt sich rasch ein uns bekanntes Bild, er hat sich über Nacht pulmonal extrem verschlechtert, wir mussten ihn intubieren und am heutigen Morgen in die Bauchlage transferieren. Der erste Eindruck ist, dass er von der Beatmung und Bauchlage profitiert, die Sauerstoffkonzentration konnte reduziert werden. Es ist zwar irgendwo Routine für uns, die Patienten zu intubieren, aber es ist schon ermüdend und demotivierend, dass bei vielen Menschen der Verlauf so negativ ist. Auch bei Herr C. heißt es jetzt: Leben oder sterben.
     
  • Herr U. wird leider zunehmend kreislaufinstabil, die Medikamente, die den Blutdruck aufrechterhalten sollen, laufen auf Anschlag, ich denke nicht, dass er es schaffen wird. Die ECMO und die Dialyse zögern das Unvermeidliche nur hinaus.
     
  • Herr J. wurde heute von der Bauchlage in die Rückanlage transferiert. Wir werden heute eine Tracheotomie bei ihm durchführen, bedeutet: Ein Luftröhrenschnitt, in den eine Kanüle eingesetzt wird, über die Herr J. anschließend beatmet werden kann. Dies hat den Vorteil, dass wir Herrn J., wenn er in die Weaningphase der Beatmung kommt, auch oral ernähren können und nicht wie zurzeit über eine Magensonde. Wir können ggf. über einen speziellen Sprechaufsatz mit ihm kommunizieren und wenn wir die Sedierung reduzieren können, ist die Kanüle im Hals deutlich angenehmer als ein Beatmungsschlauch, der durch den gesamten Mund in die Luftröhre bis in die Lunge geht.
     
  • Das CoBaz erwartet heute eine Neuaufnahme aus einem anderen Krankenhaus, dies geschieht im Rahmen des Kleeblattsystems der Bundesregierung. Ich finde es richtig, dass wir den stärker betroffenen Bundesländern helfen, wir würden das selbe für uns wollen. Daher empfinde ich die Diskussionen aus der Gesellschaft, dass wir unsere freien Betten abgeben, als völlig irrsinnig.
     
  • Die Herren T. und W. halten sich erfreulich stabil und tolerieren unsere Therapie gut. Frau N. kommt heute mit der NIV-Maske besser zurecht und ist auch pulmonal deutlich stabiler.
     
  • Herr O. soll heute ebenfalls eine Tracheotomie erhalten (Vorteile siehe oben).
     
  • Herr F. bekommt heute erneut eine Bronchoskopie, die Bauchlage hat bei ihm keinen positiven Effekt gebracht, wir müssen abwarten, in welche Richtung sich die Lunge von ihm entwickelt.
     
  • Die Stimmung auf der Coronaintensivstation ist gut am heutigen Morgen. Mona Fröhlich, meine Kollegin, die unsere andere Intensivstation leitet, unterstreicht das, sie ist erste Ansprechpartnerin für CoBaz, ich vertrete sie. Sie findet, dass das Team im Monet stabil und ruhig auf der CoBaz arbeiten kann. Auch die Kollegen der Intensivstation 10 sind motiviert und möchten meine Truppe von der Station 43 entlasten, weil diese nun schon so lange Corona-Patienten dauerhaft betreut. Mona und ich wünschen uns, dass dieser Teamgedanke auch über Corona hinweg von allen Seiten bestehen bleibt.   
Icon Krankenwagen
Wochenende 04.12.21-05.12.21: Neuaufnahme nach Kleeblattsystem
  • Das letzte Wochenende hatte für alle Kollegen im ZIN wieder eine uns bekannte Phase der hohen Belastung, es mussten zu unseren Corona-Patienten auch Notfälle und Übernahmen aus anderen Bereichen organisiert und versorgt werden. Hinzu kommt, dass Erkrankungen wie Grippe oder Ähnliches auch nicht vor unserem Personal Halt machen. Dies belastet die Truppe, die in den Diensten ist, zusätzlich bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben. Es gibt in unserer Branche eben nur noch wenig Puffer, um in solch einer Ausnahmesituation wie einer Pandemie personelle Ausfälle aufzufangen.
     
  • Am Samstag konnten wir zu unser aller Freude Herrn T. von unserer Coronaintensivstation verlegen. Ihm reicht jetzt eine Sauerstofftherapie über eine kleine Maske aus, so dass er damit auf unsere Iso-Normalstation verlegt werden konnte. An dieser Stelle möchte ich den Kolleginnen und Kollegen dort meinen größten Respekt aussprechen, sie leisten ebenso wie wir auf den Intensivstationen seit knapp zwei Jahren Großes. Die Belange von den Patienten dort müssen ebenso jeden Tag versorgt werden wie bei uns, hinzu kommt der ständige Blick, ob sich jemand von den Patienten verschlechtert und dann ggf. doch zu uns auf die Intensivstation verlegt werden muss. Deshalb gebührt den Kolleginnen und Kollegen dort ein großes Dankeschön.
     
  • Die Neuaufnahme vom Freitag aus einem anderen Bundesland im Rahmen des Kleeblattsystems, Frau S., ist intubiert und beatmet zu uns gekommen. Frau S. ist ungeimpft, 72 Jahre alt. Sie ist weitgehend kreislaufstabil und hat einen moderaten Bedarf an Katecholaminen. Ihre Lunge scheint noch nicht zu sehr geschädigt zu sein. Mit einer Sauerstoffkonzentration von 35 % über die Beatmungsmaschine lässt sie sich in der Bauchlage gut oxygenieren (heißt: mit Sauerstoff versorgen).
     
  • Am Samstag haben wir einen älteren Mann von unserer Iso-Normalstation übernehmen müssen. Herr G. ist 89 Jahre alt, geimpft, aber noch nicht geboostert. Wir können ihn aktuell unter NIV- und HighFlow-Therapie halten.
     
  • Herr O. kann erfreulicherweise über die Beatmung mit atmen. Um ihm das zu erleichtern, werden wir ihn morgen tracheotomieren, er benötigt aber weiterhin die Dialyse.
     
  • Frau N. und Herr W. sind ebenfalls auf einem guten Weg, Herr W. kann Atemtraining mit der Physiotherapie machen und Frau N. fühlt sich insgesamt besser.
     
  • Bei Herrn F. ist die Tendenz eher negativ, er benötigt eine zunehmend höhere Sauerstoffkonzentration über die Beatmung und wird täglich zwischen Bauch- und Rückanlage transferiert.  
     
  • Die beiden Patienten an der ECMO und Dialyse auf meiner Station sind weiterhin instabil und die aufwendigsten Patienten. Allein das Versorgen der beiden Maschinen (ECMO und Dialyse) ist enorm zeitaufwendig. Die Dialyse muss spätestens alle drei Tage komplett abgebaut und wieder neu aufgebaut werden, Zeitaufwand jeweils etwa 45 Minuten.

    Zudem stand bei Herrn J. ein Filterwechsel an der ECMO an. Bedeutet: Höchste Konzentration und zusätzliche Belastung. Bei einem Filterwechsel wird eine neue ECMO samt Filter an den Patienten angeschlossen, dies machen wir, wenn der „alte“ Filter nicht mehr ausreichend das Blut mit Sauerstoff versorgen kann. Dieser Wechsel ist deshalb sehr riskant, weil während des Umsteckens vom neuen Filter an den Patienten für ein paar Sekunden keine Versorgung mehr mit Sauerstoff über den alten ECMO-Filter besteht. Dabei kann die Sauerstoffsättigung im Blut sehr schnell abfallen und zu Komplikationen führen. Deshalb gilt hier: Vorsorge ist besser als Nachsorge, erst wenn alles vorbereitet und klar kommuniziert ist, wird dieser Systemwechsel vollzogen.    
Icon Herz
06.12.21: Mobile Intensivstation im Stand-By-Modus
  • Im heutigen Tagesverlauf hat sich die Zahl unserer Corona-Patienten gehalten. Die beiden Patienten an der ECMO benötigen weiter intensivste Betreuung. Diesen pflegeintensiven Bereich versuchen wir täglich mit so vielen Händen zu besetzen wie wir können. Jedoch ist es uns auch dort nicht immer möglich, sofort zu reagieren, wenn personelle Ausfälle aufgefangen werden müssen.
     
  • Die Patienten auf der Coronaintensivstation halten sich unverändert zum Wochenende. Man spürt im gesamten Team eine gewisse Anspannung mit dem Gedanken an das, was noch kommt. Die Zahlen des RKI verbreiten nicht gerade Euphorie, denn die Einschläge der Infizierten auf den Intensivstationen erfolgen meist mit Verzögerung. Dieser bange Blick in Richtung zusätzliche Belastung zehrt an den Kräften.
     
  • Um auch für die kommenden Wochen vorbereitet zu sein, Motto „Vorsorge ist besser als Nachsorge“, habe ich heute den Zustand unserer mobilen Intensivstation überprüft. Wir haben in insgesamt sechs mobilen Metallcontainern Equipment vorbereitet, um egal wo im Haus eine Intensivstation für zehn Patienten zu eröffnen. Mit diesem Material können wir die Patienten drei Tage lang versorgen, dies verschafft uns Zeit, um die Logistik um die Station herum zu organisieren. Zu diesen Intensiv-Wagen kommen Beatmungsmaschinen und eine Flotte an Perfusoren, Ernährungspumpen und Infusionsständern. Diese Flexibilität ermöglicht uns ein schnelles Handeln, wenn die Anzahl der Corona-Patienten plötzlich steigen sollte.   
     
  • Heute ist mal noch ein Tag für ein DANKE. Ich möchte mich ausdrücklich für die enorme Resonanz zu meinem Tagebuch bedanken. Als ich damit vor einigen Wochen angefangen habe, hätte ich niemals mit einer solchen Reichweite gerechnet. Ich dachte, wir klären mit unserer Arbeit die Menschen aus unserer Region auf, aber wie ich voller Freude festgestellt habe, lesen Menschen aus ganz Deutschland dieses Tagebuch. Mich habe einige Nachrichten übers Wochenende erreicht – viele haben mich wirklich sehr berührt. Es tut gut, sowas zu hören und zu wissen, dass sich Menschen aufrichtig dafür interessieren, was wir hier tun. Aufmunternde Worte, Worte der Anerkennung, sogar Spenden werden uns angeboten, um uns irgendwie in unserer Arbeit zu unterstützen oder diese zumindest etwas erträglicher zu machen. Auch hoffen viele, dass mit diesem Tagebuch die Aufklärung vorangetrieben wird, das hoffe ich selbstverständlich auch. Dem gesamten Team tun solche Worte gut und lassen für ein paar Momente den Stress ein wenig erträglicher sein.    
Icon Corona Abstand zwischen Menschen
07.12.21: Spitze des Berges noch nicht erreicht
  • Die Lage an der Corona-Front hält sich am heutigen Tag stabil. Es sind heute eher die vielen Ausfälle aus dem Personalpool, die uns Probleme bereiten, einige Kollegen sind angeschlagen und die letzten beiden Jahre haben bei vielen Spuren hinterlassen. Eine ohnehin angespannte Personaldecke, die über Jahre von der Politik ignoriert wurde, zeigt spätestens in einer Pandemie, wo die Grenzen liegen.
     
  • Auf meiner Intensivstation halten sich die ECMO Patienten weiterhin auf niedrigem Niveau, ich wage es aktuell nicht, in irgendeine Richtung eine Prognose abzugeben, dafür ist die Situation zu dynamisch.
     
  • Das CoBaz hält sich stabil, Herr W. scheint das Gröbste überstanden zu haben und kann mit einer Sauerstoffsonde in der Nase versorgt werden, NIV + Highflow scheinen im Moment nicht nötig zu sein.

    Herrn G. macht die Situation zunehmend zu schaffen, er ist mittlerweile delirant und sehr unruhig. Er hat einen gestörten Schlafrhythmus und ist auch in vielen anderen Situation sehr verwirrt. Mit den Angehörigen wurde das weitere Therapievorgehen besprochen, falls sich die Situation weiter verschlechtern sollte. Herr G. benötigt mittlerweile 80 bis 90 % Sauerstoff über die NIV-Maske. Zum Vergleich: In der Raumluft, die wir alle atmen, befindet sich 21 % Sauerstoff.

    Herr O. ist tracheotomiert und kann weiter langsam von der Beatmung entwöhnt werden, allerdings hat er weiter schlechte Nierenwerte, die Dialyse wird er so schnell nicht los.

    Frau N. hält sich erfreulich stabil.

    Frau S. wird heute ebenfalls tracheotomiert. Bei ihr sieht es auch so aus, als könnten wir langsam in die Entwöhnung der Beatmung einsteigen.

    Herr F. befindet sich in einem sehr schlechten Zustand, heute lief ein Ganzkörper-CT, um herauszufinden, was die Ursache ist. Bei ihm besteht ein Drei-Organ-Versagen, Lunge, Niere und Kreislauf sind extrem belastet. Ohne Dialyse und regelmäßige Bauchlage wird er nicht zu halten sein. Die Sauerstoffkonzentration über die Beatmung liegt mittlerweile bei über 80 %. Zudem gab es bei ihm Probleme mit der Trachealkanüle nach der Tracheotomie, Herr F. ließ sich nur noch sehr schwer darüber beatmen, so dass wir ihn heute erneut intubieren mussten, um einen sicheren Atemweg zu gewährleisten. Der Luftröhrenschnitt ist aktuell verschlossen, um Herrn F. adäquat zu beatmen.  
     
  • Belastend ist die Situation für die Kollegen auf der Coronaintensivstation, einige sind nun seit mehreren Tagen dort und auch sie spüren den zusätzlichen Druck durch die neuen Gegebenheiten. Der psychische und auch physische Druck, den ganzen Arbeitstag in Schutzausrüstung zu verbringen, ist enorm, viele haben erst nach Stunden die Möglichkeit, die Sachen abzulegen, um anschließend etwas zu trinken oder auf die Toilette gehen zu können. Die für viele Menschen normalsten Dinge der Welt (trinken, Toilette) sind uns in dieser Situation nicht selbstverständlich gegeben. Die Kollegen machen weiter, immer mit dem Gedanken, dass die Spitze des Bergs noch nicht erreicht ist.
Icon Spritze
08.12.21: Die Dynamik steigt
  • Die Dynamik steigt, der Spagat zwischen Elektiv-Programm und Corona- Versorgung wird immer größer, hinzu kommt die Behandlung von schwerkranken Patienten auf den Intensivstationen. Auch die Notfallversorgung macht uns zunehmend zu schaffen. Verkehrsunfälle, Herzinfarkte und Schlaganfälle waren für uns schon immer an der Tagesordnung, aber die zusätzliche Belastung, die Corona mit sich bringt, lässt uns alle nochmal zusätzlich spüren, welche Last auf unseren Schultern abgelegt wird. Wenn nicht bald klare Ansagen von der Politik kommen, um die Kliniken zu entlasten, sehe ich eine verdammt schwere Zeit auf uns zukommen, zumal die letzten Wochen ohnehin schon sehr kräftezehrend für uns alle waren.

    Dies spürt man heute besonders auf unserer Coronaintensivstation. Im gestrigen Mittagsdienst und im Laufe der Nacht mussten zwei weitere Patienten mit der Diagnose Covid-19 bei uns aufgenommen werden. Frau A. kommt mit 76 Jahren ungeimpft zu uns, sie hat wie alle starke Probleme, adäquat zu atmen, wir beginnen sofort mit der NIV-Therapie. Herr B. musste mit etwas erhöhter Sauerstoffzufuhr übernommen werden. Ihm geht es heute zum Glück wieder besser, so dass er auf die Iso-Normalstation verlegt werden kann. Zudem ist für heute noch die Übernahme von einem Patienten aus einem anderen Krankenhaus geplant. Er wird von unserem Intensivtransport-Team abgeholt und gegen Nachmittag auf unserer Cooronaintensivstation erwartet, dies wird die Situation noch zusätzlich verschärfen.
     
  • Herr W. und Frau N. sind weiterhin auf einem guten Weg, es sieht bei ihnen so aus, als könnten wir sie morgen auf die Iso-Normalstation verlegen, wir hoffen, dass es so kommt…
     
  • Herr O. weiter im Weaning / Entwöhnungsprozess von der Beatmung.
     
  • Frau S. wird heute im OP tracheotomiert, aufgrund eines Blutgefäßes an der zu tracheotomierten Stelle konnten wir dies gestern nicht selbst durchführen.
     
  • Herr F. ist weiterhin sehr instabil.
     
  • Herr G. ist heute erfreulicherweise wieder etwas klarer in seinen Handlungen, sein Delir-Zustand hat nachgelassen und er fühlt sich besser, seine Lunge ist dennoch weiterhin sehr eingeschränkt. NIV und Highflow-Therapie bleiben seine ständigen Begleiter.
     
  • Auf der Intensivstation 43 mussten wir heute einen Corona-Verdachtsfall aufnehmen. Dieser wird sich mit Sicherheit bestätigen, die beiden Schnelltest waren positiv. Herr I. ist 67 J. und geimpft, Boosterstatus ist uns noch nicht bekannt. Der Hauptgrund für seine Aufnahme ist ein Schlaganfall, er muss aktuell intensivmedizinisch betreut werden. Aktuell ist er noch intubiert beatmet. Inwieweit die Coronainfektionen ihn noch beeinträchtigen wird, können wir noch nicht sagen.
     
  • Herr J. ist uns heute Morgen pulmonal eingebrochen. Eine Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum führte dazu, dass die ECMO nicht richtig arbeiten konnte und den Blutfluss eingeschränkt hat. Die Flüssigkeitsansammlung wurde durch unseren Oberarzt punktiert und abgeleitet, danach konnten wir ihn etwas stabilisieren. Insgesamt geht es Herrn J. sehr schlecht, ich glaube nicht, dass er es so noch lange durchhalten kann.
     
  • Herr U. ist unverändert zum Vortag, jeder Tag besteht aus Hoffen und Bangen.
Icon Medikamentenflasche
09.12.21: Steigende Corona-Zahlen, hohe Patientenzahl bei Notfallversorgung
  • Die Lage spitzt sich auf unseren Intensivstationen zu. Zu den steigenden Zahlen an Coronapatienten macht uns auch zunehmend die Notfallversorgung zu schaffen. Die Intensivstationen 10 und 43 waren am heutigen Morgen beide ausgebucht. Wir spüren die rasante Zunahme deutlich und müssen schauen, dass wir unsere Kräfte zusammenhalten.
     
  • Auf der Coronaintensivstation konnte gestern Herr W. auf die Iso-Normalstation verlegt werden. Dieser Erfolg freut uns alle.
     
  • Frau N. hat sich bis heute auch gut gehalten und wurde heute auf die Iso-Normalstation verlegt. Ein weiterer Erfolg.

    Der Platz blieb jedoch nicht lange leer, die Übernahme aus einem anderen Krankenhaus stand an, Herr M., 71 Jahre, ist bereits intubiert und beatmet, seine Lunge ist stark angegriffen, Sauerstoffkonzentration über 80 %, wir bringen ihn sofort in die Bauchlage, der gewünschte Erfolg bleibt aber bei dieser Maßnahme zunächst aus, die Lunge verbessert sich nicht. Auch er wird wohl zusätzlich an die Dialyse angeschlossen werden müssen. Herr M. ist bereits einige Tage im Krankenhaus gewesen, er ist geimpft, aber die Boosterimpfung fehlt ihm.

    Zudem musste ein Patient über unsere Notaufnahme aufgenommen werden, Herr Q. ist 50 Jahre alt und ungeimpft. Auch wenn ich mich sehr oft wiederhole, das Schema ist bei allen gleich, wir müssen den Patienten mit der NIV-Therapie behandeln, um Schlimmeres eventuell abwenden zu können.

    Herr F. ist weiterhin maximal instabil, die Maßnahmen scheinen keinen Erfolg zu bringen, es ist schwer, damit umzugehen, wenn die vielen Mühen keinen Erfolg bringen.

    Bei Herrn O. kann ein Auslassversuch der Dialyse in Betracht gezogen werden, seine Werte haben sich dahingehend etwas stabilisiert. Auch das Weaning von der Beatmung geht voran.

    Alle weiteren Patienten im CoBaz halten sich ähnlich dem Vortag.
     
  • Herr J. auf meiner Intensivstation hat es gestern leider nicht geschafft. Er ist verstorben, trotz maximaler Therapie und allen uns möglichen Verfahren war es uns nicht möglich, ihn zu halten. Solche „Niederlagen“ sind zusätzlich schmerzhaft, weil man über Wochen jeden Tag alles gegeben hat. Wir haben die Angehörigen informiert, damit sie sich von ihm verabschieden konnten. Wir versuchen, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben, den Angehörigen diesen Gang zu ermöglichen, wir kleiden sie in Schutzausrüstung und lassen sie zu ihren Liebsten. Wenn die Patienten erstmal in die Leichensäcke eingepackt sind, gibt es praktisch kein Zurück, ein erneutes Öffnen ist aufgrund von Hygienerichtlinien extrem schwierig.
     
  • Herr I. ist weiterhin intubiert und beatmet, sein PCR-Test bestätigt den Verdacht, er ist Covid positiv. Er kann aktuell nicht von der Beatmung entwöhnt werden. Wir haben ihn heute auf die Coronaintensivstation verlegt.
     
  • Wir haben heute im Laufe des Frühdienstes einen neuen Coronaverdachtsfall aufgenommen. Frau Z., 54 Jahre, ungeimpft, war bereits in häuslicher Quarantäne. Ihr Zustand hat sich zu Hause allerdings so verschlechtert, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Wir machen einen erneuten PCR-Abstrich bei ihr – bis das Ergebnis vorliegt, wird sie auf der Intensivstation 43 bleiben. Sie bekommt sofort die bewährte NIV-Therapie. Auch hier hätte eine Impfung den Aufenthalt auf einer Intensivstation sicher verhindert.
     
  • Ich stelle mir jeden Tag die Frage, wie lange wir das hier noch durchhalten können. Wenn ich mir anschaue, welche Maßnahmen in der Politik getroffen oder besser nicht getroffen werden, dann bin ich mir sicher, dass die 4. Welle nicht die letzte gewesen sein wird. Ehrlich gesagt fehlt mir heute der Glaube daran, dass unser Gesundheitssystem eine 5. Welle noch einmal stemmen kann.  
Icon Handdesinfektion
10.12.21: Durchhalten - Was haben wir auch sonst für eine Alternative?
  • Der gestrige Tag führt uns weiter vor Augen, welche belastende Situation Corona für uns alle bringt. Die Schlagzahl steigt nahezu täglich. Wir richten uns darauf ein, dass die Weihnachtsfeiertage sehr hart werden und wir diesen Zustand noch über einige Wochen aushalten müssen. Was haben wir auch für eine Alternative…?

    Herr M. ist gestern Nachmittag reanimationspflichtig geworden, ein erneuter Sättigungseinbruch führte zu den Reanimationsmaßnahmen, in voller Schutzausrüstung haben die Kollegen versucht, ihn wieder zurück zu holen, leider ohne Erfolg. Trotz aller Mühen ist Herr M. gestern verstorben. Solche Ereignisse zehren extrem an den Kräften. Bei einer Reanimation wird man körperlich und geistig sowieso enorm gefordert – das kombiniert mit der Schutzausrüstung und dem Wissen, dass die Patienten mit Corona auch eine Gefahr für das Personal darstellen können (Aerosole), ist hart. Anschließend fühlt man sich einfach nur noch leer und kraftlos, als hätte man mindestens zwei Dienste hinter sich.

    Herr F. hatte zwischenzeitlich ein kleines „Hoch“, wir konnten die Sauerstoffkonzentration an der Beatmung etwas reduzieren, heute jedoch geht es ihm wieder schlechter, ein ständiges Auf und Ab.

    Alle weiteren Patienten auf der Coronaintensivstation halten sich stabil.
     
  • Der Verdachtsfall von gestern, Frau Z., hat sich am heutigen Morgen bestätigt, sie hat sich unter der NIV-Therapie gehalten. Wir haben sie heute geplant auf die Coronaintensivstation verlegt.
     
  • Gestern Nachmittag stand plötzlich eine weitere Übernahme aus einem anderen Krankenhaus an, Herr N., 36 Jahre und geimpft, ohne Booster. Er wurde uns in einem sehr schlechten Zustand zur ECMO-Anlage angekündigt. Wir haben ein CT des Brustkorbs durchgeführt und konnten Ergüsse um die Lunge feststellen, nach Anlage von Thoraxdrainagen, um diese Ergüsse abzuleiten, hat sich sein Zustand glücklicherweise schnell verbessert, somit konnte eine ECMO-Anlage verhindert werden.
     
  • Herr U. ist ein Kämpfer, man kann es nicht anders sagen, wie lange er diesen Kampf aber noch durchalten kann, ist ein anderes Thema.
     
  • Wir, die Leitungen des Zentrums für Intensiv- und Notfallmedizin, haben heute mit PD Dr. Konrad Schwarzkopf das weitere Vorgehen für das Wochenende besprochen. Das CoBaz wird vor dem Wochenende möglichst nicht zusätzlich belegt, dies bedeutet: Herr N. bleibt auf der Intensivstation 43, wir legen ihn in Zimmer 5 (Isolationsbox) neben Herrn U. Um weitere Corona-Aufnahmemöglichkeiten zu haben, werden die Isolationsboxen (Zimmer 7/8) auf meiner Intensivstation freigehalten, um diese dort abzufangen zu können. Meistens klingen solche Pläne in der Theorie ganz schön, aber wir haben in den letzten beiden Jahren schnell gelernt, dass wir unsere Pläne kontinuierlich den Gegebenheiten anpassen und dementsprechend reagieren müssen. Ein Verkehrsunfall oder Herzinfarkt – und schon ist der Plan hinfällig. Wir sind für das kommende Wochenende alle im Erreichbarkeitsmodus, falls die Situation sich weiter zuspitzt.
Icon EKG Herz
Wochenende 11.12.21-12.12.21: Kleine Erfolge feiern, Patienten neue Kraft geben
  • Wir konnten am vergangen Wochenende dank unserer vorausschauenden Planung die Bettenverteilung für Corona-Patienten weitgehend koordiniert umsetzen. Bereits am Mittag erschien es jedoch so, als müssten wir alle Pläne über den Haufen werfen, Herr L., 74 Jahre, geimpft, Booster ausstehend, hat einen erhöhten Sauerstoffbedarf, wir nehmen ihn ins Cobaz auf.

    Noch am Vorabend war Frau B. von der Iso-Normalstation zu uns auf Station 43 gekommen, sie ist 77 Jahre alt und ungeimpft. Sie hat sich ganz klar geäußert und jegliche Therapie abgelehnt, somit haben wir sie noch in der Nacht auf die Normalstation zurückverlegt.
     
  • Am Sonntag konnten wir einen weiteren Erfolg feiern, Herr I. konnte auf die Iso-Normalstation verlegt werden. Sein Hauptproblem wird der Schlaganfall bleiben, aber glücklicherweise hat Corona ihn nicht zusätzlich belastet, sicherlich auch dank der Impfung.

    Aber wie so oft blieb auch dieser Platz nicht lange unbesetzt. Noch am Sonntag musste Herr H. auf der Coronaintensivstation aufgenommen werden. Herr H. ist 71 Jahre, geimpft, aber mit fehlendem Booster. Bei ihm zeigt sich leider auch sofort ein Bild, das wir schon viel zu oft gesehen haben. Er bekommt die NIV-Therapie, aber diese wird ihm nicht mehr lange ausreichend helfen können, er wird zunehmend instabil.  

    Herr Q. war am Wochenende zunehmend psychisch belastet. Er wollte nach Hause, weil die Anstrengungen für ihn mit der NIV-Maske kaum noch auszuhalten waren, es fielen auch Aussagen, dass er sterben wolle. Nach vielen Gesprächen durch unser Team mit den Ärzten und den beteiligten Pflegekräften konnte man ihn vom Gegenteil überzeugen und ihm deutlich machen, dass er auf einem guten Weg ist. Dies hat ihm neue Kraft gegeben. Das beengende Gefühl unter der NIV-Maske ist für viele unvorstellbar, es wird ein Druck darüber aufgebaut. um die Lunge „offen“ zu halten, jedoch fühlt sich jeder Atemzug so an als würde man zum Atmen gezwungen werden, dies ist für die Patienten sehr belastend.

    Herr F. bereitet uns weiter die größten Sorgen, die Bauchlage führt zu keiner Besserung bei ihm. Die nächsten Tage werden wohl entscheidend sein.

    Die anderen Patienten hielten sich über das Wochenende auf dem bekannten Niveau.
     
  • Herr U. stagniert, die ECMO läuft, wir haben kaum noch Möglichkeiten, einzugreifen, es bleibt uns nichts als abzuwarten.

    Herr N. hat sich pulmonal stabilisiert, aber noch ist es zu früh, um von einem positiven Verlauf zu sprechen.
Icon Impfspritze und Haken
13.12.21: Ein Tag wie auf der Autobahn
  • Heute gab es bei uns ein großes Thema, die Beschlüsse zur Impfpflicht für medizinische Berufe. Ich wundere mich, dass man sich auf eine bestimmte Gruppe, nämlich uns alleine, festlegt. Wir haben eine ohnehin hohe Impfbereitschaft mit einer sehr guten Quote. Aber wenn wir alle das Leben, welches wir vor der Pandemie kannten, zurückhaben wollen, dann muss es eine generelle Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung geben. Ansonsten wird sich nichts ändern. Das ist meine Meinung.
     
  • Wir erleben heute einen Tag wie auf der Autobahn, auf allen Intensivstation wird unter höchster Belastung gearbeitet. Besonders auf unserer Coronaintensivstation sind die heutigen Aufgaben extrem breit aufgestellt.

    Bauchlage durchführen, Dialyse aufrüsten, neue Zugänge für die Medikamenten-Therapie legen. Die psychische Betreuung unserer wachen Patienten unter der NIV-Therapie, das alles ist heute sehr zeitaufwändig. Den Mitarbeitern im CoBaz sind die vergangenen Tage deutlich anzusehen, die letzte Zeit hat ohnehin viel Kraft gekostet und jetzt stehen uns wieder harte Wochen bevor. Es gab keine oder nur wenig Zeit, um die Akkus mal aufzuladen. Wir ziehen es durch, aber wie lange werden wir das Tempo noch gehen können? Diese Frage beschäftigt mich heute sehr.

    Eine zusätzliche Unterstützung erreichte uns heute, einer unserer Ausbildungsgänge, der Kurs 18/22 I+A (Pflegefachfrau/Pflegefachmann mit Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie), kam auf die Intensivstationen, diese werden nächstes Jahr ihr Examen ablegen und sind uns somit eine weitere Hilfe im Kampf gegen dieses Virus. An dieser Stelle möchte ich mich selbstverständlich auch bei allen anderen Ausbildungsgängen und unseren Pflegehelfern bedanken, ohne diese Unterstützung wären wir längst aufgeschmissen.  

    An der Gesamtzahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen hat sich heute nichts getan. Wir schauen gespannt auf die nächsten Tage. 

    Die Patienten halten sich allesamt auf einem ähnlichen Niveau zum Vortag.
Icon Maske
14.12.21: Manche Patienten lassen eine sprachlos werden
  • Die Schlagzahl steigt, die Zahl unserer Corona-Patienten auf der Coronaintensivstation ist gleichbleibend. Vor einigen Tagen ist etwas passiert, was uns alle – auch die, die schon lange im Beruf sind – fassungslos zurücklässt. Manche Menschen gehen wirklich leichtfertig mit ihrer Erkrankung und den damit verbundenen Gefahren um. Wir mussten einen unserer (ungeimpften) Patienten im CoBaz mehrmals darauf aufmerksam machen, uns Pflegekräften bitte nicht ins Gesicht zu husten. Seine Antwort: „Ihr seid doch alle geimpft und habt Schutzausrüstung an, da kann doch angeblich nix passieren.“ Da ist man dann schon mal sprachlos. Aber auch diesen Patienten behandeln wir selbstverständlich genauso wie alle anderen. Und auch wenn er „nicht ganz bei sich“ zu sein scheint und Züge von Delir aufweist, schockiert es uns.
     
  • Auf meiner Intensivstation (ZIN 43) fordert der Spagat zwischen Elektiv- und Corona-Programm wieder größtmögliche Flexibilität und Einfallsreichtum.

    Heute ist ein Patient notfallmäßig in der Zentralen Notaufnahme eingeliefert worden. Herr V., 84 Jahre, Impfstatus noch unbekannt. Er hat eine massive Blutung in der Leiste nach einer OP vor einigen Tagen und ist Covid-positiv. Er wird nach der Erstversorgung sofort in den OP gebracht, anschließend übernehmen wir ihn auf Station 43.

    Dazu wurde uns ein Patient aus einem anderen Krankenhaus im Saarland angekündigt, seine Lunge ist bereits massiv belastet und wird mit 100 % Sauerstoffkonzentration beatmet. Es ist noch fraglich, ob er für den Transport zu uns stabil genug ist. Bei solchen Patienten stellt jede Bewegung, egal ob kurze oder lange Strecken, eine große Herausforderung für den Körper dar. Transporte belasten das gesamte Herz-Kreislaufsystem und müssen daher mit Bedacht angegangen werden.
     
  • Um auch für weitere Corona-Patienten vorbereitet zu sein, starten wir auf meiner Intensivstation die Aktion „Umschieben und Aufrüsten“. Wir bereiten Zimmer 4 vor, ein Dreibettzimmer, dort werden wir unseren Patienten Herrn N. hin verlegen, die anderen Stellplätze in diesem Zimmer werden mit Perfusoren und Beatmungsmaschinen ausgestattet, um sofort reagieren zu können. Hinzu werden der Patient aus dem OP und der Zugang aus dem anderen Krankenhaus kommen. Somit schaffen wir wieder Corona-Kapazitäten, Zimmer 5 – eine Isolationsbox – wird frei, in der wir wieder die Möglichkeit, haben Covid-Verdachtsfälle oder gesicherte Covid-Fälle aufzunehmen.

    Herr U. an der ECMO macht aktuell keine Entwicklungsschritte, es ist traurig zu sehen, dass auch bei ihm so viele Maßnahmen nicht zu dem gewünschten Effekt führen. Er wird in den nächsten Tagen tracheotomiert werden.
     
  • Im CoBaz konnten wir heute aufgrund der Flexibilität unserer Kollegen eine zusätzliche Kraft einsetzen. Danke an dieser Stelle an alle, die seit Jahren so viel für diesen Beruf geben. Die zusätzliche Kraft wurde gerne und dankend angenommen. Die Belastung im CoBaz lässt sich besser ertragen, wenn sie auf mehrere Schultern verteilt wird.

    Herr G. hat sich weiterhin verschlechtert, seine Lunge wird den Kampf gegen Covid nicht gewinnen, es wird ein palliatives Konzept mit den Angehörigen besprochen, der Weg für ihn ist klar.

    Herr H. hat sich leider auch weiter verschlechtert. Wir mussten ihn intubieren, hinzu kommen Ergüsse um die Lunge, die wir mit Thoraxdrainagen entlasten konnten.

    Frau A. macht die Situation zunehmend zu schaffen, sie wird unruhig, es entwickelt sich ein Delir bei ihr.

    Frau S. macht zu unser aller Freude Fortschritte, die Entwöhnung geht voran und es sieht aktuell positiv bei ihr aus.

    Wir kämpfen weiterhin massiv um Herrn F. Er bleibt pulmonal weiterhin sehr schlecht, wir entlasten seine Lunge ebenfalls mit Thoraxdrainagen und versuchen eine Bauchlage erneut, denn einfach nur zusehen ist keine Option.

    Herr L. hat sich insgesamt wieder etwas gefangen.
15.12.21: 24 Stunden voller Schicksalsschläge
  • Das CoBaz hat in den letzten 24 Stunden einige Ereignisse und Schicksalsschläge auffangen und kompensieren müssen.

    Gestern Nachmittag musste eine Patientin, Frau M., mit positivem PCR-Ergebnis aufgenommen werden. Sie hat eine operativ zu versorgende Hirnblutung, diese konnte erfolgreich behandelt werden. Wir konnten sie heute Morgen auf die Iso-Normalstation verlegen.

    Leider verlief der gestrige Tag nicht für alle Patienten auf der Coronaintensivstation so positiv. Herr G. konnte sich im Beisein der Seelsorge von seiner Familie verabschieden und ist anschließend verstorben. Diesen Wunsch konnten wir den Angehörigen ermöglichen, damit sie in dieser schweren Zeit eine zusätzliche Stütze hatten.

    Zudem haben die Kollegen lange um das Leben von Herr H. gekämpft, er ist uns in ein Multiorganversagen gerutscht, wir konnten trotz aller Versuche nichts mehr für ihn tun. Auch Herr H. ist gestern Abend verstorben. Der zweite Tote an einem Tag.
     
  • Leider verlief der Nachtdienst für die Kollegen ebenso hart wie für die Kollegen in den Diensten davor. Herr F. entwickelte eine Sepsis, seine Lunge war kaum noch zu beatmen, ebenso musste er aufgrund von Blutungen Blutkonserven erhalten. Sowohl die pflegerischen wie auch die ärztlichen Kollegen haben über mehrere Stunden versucht, das Schlimmste zu verhindern. Leider wurden diese Mühen auch im heutigen Frühdienst nicht mit Erfolg belohnt, sondern der schlimmste Fall ist eingetroffen, Herr F. ist heute Vormittag verstorben.

    Drei Tote in weniger als 24 Stunden ist eine absolute Ausnahmesituation, allen sind die Strapazen des letzten Tages deutlich anzusehen. Es ist für alle so verdammt traurig, dieses große Sterben miterleben zu müssen. Alle haben über Wochen hinweg alles für diese Patienten gegeben mit einem Ergebnis, das sich niemand gewünscht hat. Der Frust und die Traurigkeit sind deutlich zu spüren, es hätte für diese Menschen auch anders enden können. Dieser Gedanke, dass ein Ausweg für diese Erkrankung mit den Impfungen gegeben ist und sie dennoch nicht zu 100 % ergriffen wird, ist für uns heute unverständlicher denn je.
     
  • Aber was bleibt uns heute anderes übrig als weiter zu machen? Nichts, der nächste Patient ließ gleich am Morgen nicht lange auf sich warten. Herr K., 53 Jahre, ungeimpft, muss auf der Coronaintensivstation aufgenommen werden. Es geht ihm schlecht. Seine Lunge ist durch eine Lungenarterienembolie zusätzlich belastet. Sofort nehmen wir ihn unter die NIV-Maske und versuchen, ihn pulmonal zu stabilisieren.

    Wir sprechen ihn auf die nicht vorhandene Impfung an. Daran glaube er nicht, sagt er, das bringe eh nix. Gerade nach den letzten Stunden ist diese Aussage wie ein Schlag ins Gesicht für uns alle. Gerade heute, gerade nach diesen 24 Stunden, in denen wir alles für die Patienten gegeben haben und am Ende verloren haben, können wir nur sehr schwer mit solchen Aussagen umgehen. Der Frust sitzt tief, wie soll man sich da noch weiter motivieren? Vielleicht haben die Impfverweigerer und Coronaleugner dazu eine Antwort?

    Wir befürchten leider auch bei Frau A. das Schlimmste, ihr Zustand hat sich heute rapide verschlechtert, wir glauben nicht, dass sie es schaffen wird.

    Herr V. musste heute nochmal in den OP, die Blutung in der Leiste musste erneut versorgt werden. Er bleibt weiterhin auf Station 43.

    Herr N. bereitet uns weiterhin Sorgen, auch er hat Ergüsse um die Lunge entwickelt, die wir mit Thoraxdrainagen ableiten. Ebenso hat er eine Bronchoskopie erhalten, wir konnten dadurch etwas Sekret aus der Lunge entfernen, damit diese Areale wieder besser belüftet werden können. Unter Umständen werden wir ihn am Nachmittag auf den Bauch drehen, um der Lunge die Möglichkeit zu geben, sich zu entfalten.
Icon Abstand 1,5 m zwischen 2 Figuren
16.12.21: CoBaz wird umstrukturiert
  • Leider hat der gestrige Abend wieder ein Todesopfer gefordert. Frau A. ist an Multiorganversagen gestorben. Um ganz ehrlich zu sein, ein Tag zum Vergessen für alle Beteiligten.
     
  • Nach vielen Tagen der Planung, um Personalkapazitäten zielführend einzusetzen, haben wir uns heute dazu entschieden, die zweite Kanzel auf der Cobaz zu eröffnen. „Kanzel“ heißt eine Art Verteilerzimmer mit einem Stützpunkt, von wo aus vier Zimmer „bedient“ werden können. Die Kanzel ist dann eine Art Schleuse. Durch die neuen Räumlichkeiten können wir die dortigen Patienten auf mehrere Zimmer verteilen, um etwas mehr Freiraum in den Zimmern zu bekommen. Den Kollegen erleichtert diese Neuorga die tägliche Arbeit enorm.
     
  • Die Patienten auf der Coronaintensivstation halten sich auf einem ähnlichen Niveau zum Vortag.
     
  • Gestern haben wir Frau P., 82 Jahre, zweimal geimpft und geboostert, auf meiner Intensivstation übernommen. Sie hat einen hämorrhagischen Schock durch stark blutende Varizen (Krampfadern), der Covid-Befund ist bei ihr glücklicherweise Nebensache. Wir können sie nach Verabreichung von Blutkonserven und der Gabe von Katecholaminen schnell stabilisieren. So wie es aktuell bei ihr aussieht, kann sie morgen verlegt werden.
     
  • Herr K. musste gestern erneut in die Bauchlage transferiert werden, zudem hat er starkes Fieber entwickelt, er hat heute, nachdem wir ihn wieder auf den Rücken gedreht haben, einen Coolgard-Katheter erhalten. Über diesen Katheter versuchen wir mit einer Kühlflüssigkeit die Temperatur des Patienten zu senken. Er wird heute nochmal auf den Bauch gedreht, aufgrund seines Alters wird eine potenzielle ECMO-Anlage diskutiert, falls sich der Zustand nicht bessern sollte.
17.12.21: Team verarbeitet das Erlebte gemeinsam
  • Einige konnten heute im Vergleich zu den letzten Tagen etwas durchatmen. Die vergangenen Tage haben Kraft gekostet, daher sind wir alle froh darüber, dass sich die Situation heute nicht weiter verschärft hat.

    Den Kollegen sind die vielen Verstorbenen in Erinnerung geblieben und gestalten auch heute viele Gespräche. Wie schon in den vergangenen Wellen wird vieles aus dem Team heraus verarbeitet, man spricht sich während und nach den Diensten mit den Kollegen aus, um das Erlebte zu verarbeiten.
     
  • Das CoBaz bekam am gestrigen Abend eine Neuaufnahme, Herr F. ist 81 Jahre, geimpft, ohne Booster. Wir nehmen ihn aufgrund eines Herzinfarkts auf, der Corona- Befund ist bei ihm glücklicherweise nur Nebensache und beeinträchtigt ihn bisher nicht. Er wird heute eine Herzkatheter-Untersuchung bekommen, sein Verlauf kann bisher als stabil bezeichnet werden.
     
  • Frau Z. hatte bis heute die HighFlow-Sonde aufsitzen und wird jetzt nur noch mit Sauerstoff unterstützt, sie kann eventuell morgen auf die Iso-Normalstation verlegt werden.
     
  • Herr K. hat sich stabilisiert und wurde heute auf die Iso-Normalstation verlegt.
     
  • Auch Herr L. ist pulmonal kompensiert, sein nächtliches Delir macht ihm noch zu schaffen, ansonsten hält er sich gut.
     
  • Herr O. liegt nun schon seit einigen Wochen bei uns, wir kämpfen jeden Tag um ihn, er bleibt im Moment unser größtes Sorgenkind, denn er muss weiter an der Dialyse anschlossen sein. Auch seine Lunge ist wieder mehr angegriffen, wir haben ihn heute nach langer Zeit wieder in die Bauchlage transferieren müssen.
     
  • Herr Q. benötigt weiter die NIV- und HighFlow-Therapie, ist aber auf einem guten Weg, vielleicht kann er noch vor Weihnachten auf die Iso-Normalstation verlegt werden.
     
  • Frau S. macht weiter sehr gute Fortschritte im Weaning von der Beatmung. Sie konnte heute über mehrere Stunden über die FN (Feuchtenase) vom Beatmungsgerät getrennt werden. Dies ist ein kleiner Aufsatz, der auf die Trachealkanüle gesetzt wird, dadurch hat Frau S. die Möglichkeit, über die Trachealkanüle im Hals mit einer gewissen Menge an Sauerstoff völlig selbständig zu atmen. Sie macht, seitdem sie mit ihren Angehörigen über Skype Kontakt aufnehmen konnte, einen sehr guten und motivierten Eindruck, auch die Physiotherapie tut ihr gut und ermöglicht ihr weitere Fortschritte.
     
  • Frau P. muss noch eine Weile auf Station 43 verbringen.
     
  • Herr N. bleibt weiterhin auf der Kippe, die ECMO-Anlage steht weiterhin im Raum, noch können wir ihn mit dem Transfer in die Bauchlage davor bewahren, aber ob dieser Zustand sich halten lässt, ist die große Frage. Auch bei ihm tritt rasch ein uns altbekanntes Problem auf, wir müssen seinen Magen-Darmtrakt in Schwung bringen, weil Herrn N. sonst weitere Komplikationen drohen.
Icon Notfallkoffer
Wochenende 18.12.21-19.12.21: Notfallversorgung fordert uns jeden Tag aufs Neue
  • Gleich zu Beginn des Mittagdienstes am Freitag überschlugen sich die Ereignisse auf meiner Intensivstation. Die Notfallversorgung bleibt auch in Zeiten von Corona nicht aus und fordert uns jeden Tag aufs Neue. Ein junger Mann, 36 Jahre alt, wurde unter Reanimation zu uns gebracht, er hatte eine fulminante Lungenembolie, wurde sofort zur Anlage einer „vaECMO“ im Herzkatheterlabor übernommen. Damit haben wir versucht, das Herz zu entlasten und die Durchblutung der Organe sicherzustellen. Das Prinzip ist ähnlich zur „vvECMO“, allerdings mit dem Fokus Herz und nicht Lunge. Hierbei wird eine Kanüle in einer großen Vene in der Leiste eingesetzt, um das Blut in den Filter der ECMO zu transportieren, anschließend wird das mit Sauerstoff angereicherte Blut über eine Kanüle durch eine Arterie in der anderen Leiste des Patienten wieder in den Blutkreislauf zurückgegeben. Auch hier können wir das CO2 im Blut über die ECMO regulieren. Aber leider konnten wir ihn aufgrund der Schwere seiner Erkrankung nicht halten, er verstarb noch an diesem Abend. Später stellte sich heraus, dass er im Covid-Abstrich positiv getestet wurde. Wieder einmal sehen wir hier, wie sinnvoll es ist, dass wir mit FFP-2-Masken im Dienst arbeiten und wir bei Patienten, deren Covid-Status unklar ist, größtmögliche Hygiene-Sicherheitsvorgaben einhalten.
     
  • Später am Abend haben wir Herrn N. an die vvECMO angeschlossen. Er zeigt wie so viele rasch das gleiche Bild, seine Nierenwerte werden schlechter und er wird zur ECMO auch an die Dialyse angeschlossen. Er ist unser instabilster Patient aktuell.
     
  • Auch auf der Coronaintensivstation ließen die Ereignisse nicht lange auf sich warten. Am Samstag haben wir Herrn X. von unserer Iso-Normalstation übernommen, er ist 91 Jahre alt und geimpft, Booster ausstehend. Er hatte eine zunehmend schlechte Sauerstoffsättigung im Blut und ein Delir hat sich bei ihm entwickelt. Unter erhöhter Sauerstoffzufuhr haben wir aufgenommen und anschließend mit unserer NIV-Therapie gestartet, diese war für ihn nur schwer zu tolerieren, die HighFlow-Therapie scheint eher bei ihm möglich zu sein.

    Die weiteren Corona-Patienten hielten sich über das Wochenende stabil.
Icon Akku laden
20.12.21: Durchatmen und Akkus wieder aufladen
  • Gleich zwei Erfolge standen heute für uns auf dem Plan, die kardialen Beschwerden bei Herrn F. haben nachgelassen, wir konnten ihn heute auf die Iso-Normalstation verlegen. Auch Frau S. macht weiter große Fortschritte, sie ist stabil unter Sauerstoffzufuhr durch die „Feuchtenase“ und kann jetzt sogar wieder essen und trinken, wir konnten sie von der Magensonde erlösen. Eine Ernährung hierüber scheint aktuell nicht weiter nötig.
     
  • Mit Herrn X. und seinen Angehörigen haben wir über das weitere Vorgehen gesprochen. Er lehnt die NIV-Therapie und weitere intensivmedizinische Behandlungen ab, seinen Patientenwillen akzeptieren wir und verlegen ihn wieder auf die Iso-Normalstation zurück.
     
  • Aktuell bekommt das Cobaz etwas Zeit zum Durchatmen, wir sollten diesen Moment nutzen und etwas die Akkus schonen, die nächsten Wochen auch in das nächste Jahr blickend werden sicher völlig anders ablaufen.
Icon Tabletten
21.12.21: OMIKRON und der Gedanke an die 5. Welle
  • Wir nutzen den heutigen Tag und die aktuelle Phase, um uns neu zu sortieren. Die zweite Kanzel auf der Coronaintensivstation haben wir heute in den Standby-Modus geschaltet. Die Patienten wurden in die große Kanzel zu den anderen gelegt.  Wir können uns somit personelle Optionen schaffen, um unsere beiden anderen Intensivstationen zu unterstützen. Da die Notfallversorgung und das OP-Programm uns weiter fordern, sind wir über diese Möglichkeit sehr froh und können flexibler reagieren.
     
  • Die Patienten auf der Coronaintensivstation befinden sich auf einem guten Weg, lediglich Herr O. bereitet uns weiter Sorgen, er benötigt Medikamente zur Kreislaufunterstützung und wird weiterhin beatmet. Er kann mit einer Druckunterstützung selbstständig atmen, um ausreichend Volumen in die Lunge zu bekommen, um diese mit Sauerstoff zu versorgen.

    Frau S. bereitet ihr tägliches Sportprogramm mit den Physiotherapeuten große Freude und tut ihr jeden Tag aufs Neue gut, sie hat nur noch eine sehr geringe Zufuhr an Sauerstoff, daher können wir sie morgen gegebenenfalls „dekanülieren“. Das bedeutet, dass wir sie von der Trachealkanüle befreien können und sie somit ein großes Stück an Freiheit zurückbekommt.
     
  • Herr N. wird noch einen sehr langen Weg vor sich haben, er ist jung, damit hat er bessere Chancen, es zu überstehen, aber die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns immer wieder gezeigt, wie lange dieser Weg sein kann. Die ECMO und die Dialyse wird noch einige Zeit nötig sein, um ihm zu helfen, auf einen positiv ausgerichteten Weg zu kommen.
     
  • Wir reden heute viel über die OMIKRON-Variante, die sich auch in Deutschland mittlerweile rasant verbreitet. Wenn man den Experten und Vorhersagen glaubt, kommt die 5. Welle prompt nach der 4. – oder wir werden einen fließenden Übergang erleben. Beides bedeutet eine harte und schwere Zeit. Die vergangenen Wochen haben uns – wie auch die Jahre zuvor – sehr gefordert und auch belastet, jetzt soll die neue Variante alles in den Schatten stellen, was wir bisher kannten… Wie soll das aufgefangen werden…? Damit beschäftigen wir uns heute intensiv, aber bis auf ratlose Gesichter, meins mit einbegriffen, haben wir heute keine Antwort darauf. 
Icon Kochmütze und Besteck
22.12.21: Kleines vorzeitiges Weihnachtsgeschenk für unsere Patienten
  • Ein kleines vorzeitiges Weihnachtsgeschenk haben die Kollegen aus dem gestrigen Dienst den Patienten auf der Coronaintensivstation gemacht. Für unsere wachen Patienten, die selbstständig essen und trinken können, wurde eine leckere Abwechslung zum Klinikessen serviert. Die Kollegen haben etwas Geld zusammengelegt und den Patienten aus einer bekannten Fast-Food-Kette Essen bestellt. Den Patienten hat dieses Geschmackserlebnis eine Riesenfreude bereitet. Alle haben mit größtem Genuss ihre Mahlzeit zu sich genommen. Die Patienten sind sehr dankbar darüber, etwas Abwechslung zu erfahren, selbst, wenn es nur so eine Kleinigkeit wie anderes Essen ist, bewirken solche Ereignisse sehr große Freude und bauen unsere Patienten seelisch weiter auf. Wir können sehr stolz darauf sein, dass wir trotz der schweren Situation, alles versuchen, unseren Patienten das Leben etwas leichter zu machen und das ein oder andere Lächeln zu entlocken.
     
  • Unsere Patienten erhalten alle ihre tägliche Portion Sport mit der Krankengymnastik, ebenso steht Atemgymnastik auf dem Programm, sie sind weiter auf einem guten Weg.
     
  • Wir versuchen weiterhin alles, um Herrn O. zu helfen. Wir forcieren das Weaning von der Beatmung, lagern ihn, um ihn bestmöglich zu versorgen. Er ist weiterhin an der Dialyse angeschlossen. Wir drücken alle Daumen, dass er es schafft.
     
  • Herr N. hat von der ECMO-Anlage etwas profitiert, wir konnten das CO2 im Blut korrigieren und die Maschine dementsprechend anpassen. Um seine Lunge ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen, wird er die ECMO aber noch eine Zeit lang benötigen. Ebenso die Dialyse, seine Werte haben sich noch nicht wesentlich verbessert, um einen Auslassversuch starten können.
     
  • Wir, die Leitungen des ZIN, haben heute mit unserem Ärztlichen Leiter des ZIN eine Besucherabsprache für die Weihnachtsfeiertage getroffen.

    Wir ermöglichen den Angehörigen unserer CoBaz-Patienten an einem Weihnachtsfeiertag Besuch bei ihren Liebsten. Besuch ist nur unter den geltenden Besucherregelungen des Klinikums möglich, bedeutet: 2G Plus.
    Die Ärzte des Cobaz informieren die Angehörigen darüber und sprechen die Termine mit ihnen ab. Am Tag des Besuchs werden wir die Angehörigen am Empfang abholen und begleiten. Dort werden sie mit Schutzausrüstung von uns ausgestattet. Mit dem nötigen Abstand können sich die Patienten mit ihren Angehörigen zumindest für ein paar Momente an Weihnachten zusammenfinden.

Perspektivwechsel

Über die Feiertage wagen wir im Corona-Tagebuch den Perspektivwechsel. Statt Karsten Schmitt, Pflegerischer Leiter der Intensivstation 43, übernehmen seine Teamkollegen die täglichen Einblicke.

Heute: Luise Schuh, Gesundheits- und Krankenpflegerin auf unserer Intensivstation. Seit 2016 gehört sie zum Team Winterberg, hat hier ihre Ausbildung absolviert und verstärkt seit 2019 das Pflegeteam auf der Intensivstation 43. Die 24-Jährige durchläuft derzeit berufsbegleitend die staatlich anerkannte, zweijährige Fachweiterbildung „Fachpflege für Intensivpflege und Anästhesie“. 

Icon Tagebuch
23.12.21: Fest für Patienten geprägt von Traurigkeit, Angst und Einsamkeit
  • Weihnachten – eigentlich das Fest der Liebe und der Familie. Eigentlich. Doch genau das ist es, worauf unsere Patienten im CoBaz dieses Jahr verzichten müssen. Es grenzt an eine Mammutaufgabe, ihnen zwischen all den schweren Momenten vielleicht trotzdem einen Hauch von Weihnachten zu ermöglichen. Auch wenn es nicht annähernd ein Weihnachten wird, wie man es sich vorstellt.

    Ein Fest geprägt von Traurigkeit, Angst und Einsamkeit, das ist es, was unsere Patienten im CoBaz zur Zeit empfinden. Das Getrenntsein von der Familie und den Lieben und die Angst um die eigene Gesundheit stehen in diesen Tagen besonders im Fokus.

    Für uns ist es sehr schwer, die Gedanken und Ängste unserer Patienten aufzufangen, das einzige, was wir für sie tun können, ist, sie bestmöglich bei dem harten Genesungsprozess begleiten und unterstützen.

    Frau Z. macht die Situation psychisch sehr zu schaffen, sie ist sehr antriebslos und demotiviert, zum Glück können wir sie heute im Laufe des Vormittags auf die Normalstation verlegen.
     
  • Herr O. ist unser größtes Sorgenkind. Seine Lungenfunktion bricht immer wieder ein. Heute mussten wir ihn bronchoskopieren, um den Grund dafür zu finden. Außerdem fertigten wir noch ein Röntgenbild der Lunge an, um zu schauen inwieweit die Lunge sich erholt. All diese Maßnahmen blieben ohne großen Aufschluss. Zusätzlich musste heute der Filter der Dialysemaschine neu aufgebaut werden, was ungefähr eine Dreiviertelstunde in Anspruch nimmt. Zu all dem kam noch hinzu, dass Herr O. immer wieder stark mit dem Hämoglobinwert abfällt (dies ist der Anteil der roten Blutkörperchen, die den nötigen Sauerstoff transportieren).
     
  • Herr Q. hat große Angst, nicht wieder gesund zu werden, weil der Heilungsprozess sich jetzt schon über Wochen zieht, seine Lungenfunktion aber noch nicht wirklich besser geworden ist und er weiterhin Niv- und Highflow-Therapie benötigt.
     
  • Frau S.‘ Zustand hat sich stabilisiert und verbessert. Es ist jetzt an der Zeit, wieder nach vorne zu schauen, das heißt: den ganzen Tag Sportprogramm. Dies strengt sie zwar enorm an, aber sie freut sich über die Fortschritte.

Perspektivwechsel

Über die Feiertage wagen wir im Corona-Tagebuch den Perspektivwechsel. Statt Karsten Schmitt, Pflegerischer Leiter der Intensivstation 43, übernehmen seine Teamkollegen die täglichen Einblicke.

Heute:  Jan Eric Müller, stellvertretender pflegerischer Leiter der Intensivstation ZIN 43. Er berichtet im Corona-Tagebuch schwerpunktmäßig über die Situation auf der Intensivstation 43, auf der derzeit vor allem die reguläre Notfallversorgung im Fokus steht. 

Icon Krankenhaus
22.12.-23.12.21: Die Ruhe vor dem Sturm?
  • Man liest es überall, die Zahlen gehen zurück. Hier auf der Station 43 befindet sich zur Zeit ein Corona-Patient, die anderen liegen auf der Coronaintensivstation. In den vergangenen 24 Stunden wurden einige Patienten verlegt oder neu aufgenommen. Auch ohne Corona gibt es Notfälle und OPs, die dringlich durchgeführt werden müssen. Von einem geplant entspannten Weihnachtfest sind wir, heute am 23.12, wohl weit entfernt.
     
  • Bei Herrn N. schwebt die Dialyse, die gestern entfernt wurde, wieder über ihm. Die Nierenwerte steigen erneut und die Ausscheidung geht zurück. Zusätzlich müssen die Drainagen zur Entfernung der Flüssigkeit in der Lunge wieder gestartet werden. Die Lungenfunktion hat sich deutlich verschlechtert und somit musste auch die ECMO wieder höher gefahren werden (um die Sauerstoffversorgung wieder zu verbessern). Eventuell muss Herr N. erneut in Bauchlage verbracht werden. Wir hoffen jetzt, dass er sich nochmal stabilisieren kann.
Icon Erstehilfekoffer
24.12.21: Hoffnungsschimmer an Heiligabend
  • Die Lage auf der Station 43 hat sich an Heiligabend ausnahmsweise deutlich entspannt. Vielleicht ein kleines Weihnachtsgeschenk für uns? So konnten wir heute mit einem Patienten ein ausführliches Sportprogramm durchführen. Eine Stunde über den Flur laufen, da findet sich während Corona nur selten Zeit für. Dementsprechend eine angenehme Abwechslung für uns und natürlich ein Riesenfortschritt für den Patienten.
     
  • Herr N., auf der Station 43 der einzige Corona-Patient (die anderen sind im CoBaz), befindet sich seit heute Mittag in Bauchlage. Zwar hat er sich über die Nacht nicht rapide verschlechtert, die Lungenfunktion war aber weiterhin stark eingeschränkt.

    So fand in den frühen Morgenstunden eine Bronchoskopie statt. Dort wird ein Endoskop über den Beatmungsschlauch (Tubus) und die Luftröhre in die Bronchien eingeführt, um Sekret zu entfernen. Dies führte zwar zu einer Verbesserung, aber eine Bauchlage ließ sich nicht vermeiden. Immerhin von dieser hat er schon innerhalb kürzester Zeit profitiert.

    Die Dialyse, die gestern Abend schon aufgebaut wurde, konnte noch vermieden werden. Leider lässt sich der Krankheitsverlauf bei Corona nicht vorhersagen, dafür gibt es einfach zu viele Einflussfaktoren. Deswegen sind wir über jeden auch noch so kleinen Fortschritt glücklich. Jetzt kann man nur hoffen, dass eine normale Lagerungstherapie in den nächsten Tagen ausreichen wird. Aber mehr als hoffen können wir leider nicht.
Icon Patient Bett
25.12.21: Verdiente Verschnaufpause
  • Heute gab es tatsächlich nichts Besonderes auf unserer Intensivstation. Neben der Routine gab es zwar ein paar Notfälle, aber sowas gehört ja bei uns zum Tagesprogramm. Eine Verschnaufpause, die wir uns redlich verdient haben.
     
  • Auch bei unserem Covid-Patienten gab es nichts akut Neues. Die ECMO läuft weiter und der Patient hält sich auf dem derzeitigen Niveau stabil.
Icon Krankenwagen
26.12.21: Notfallversorgung dominiert derzeit
  • Auch heute war das Thema Corona eher nebensächlich. Wir haben viele Notfälle über den Schockraum unserer Zentralen Notaufnahme bekommen und mussten deswegen einen zusätzlichen Pflegebereich eröffnen. Dies konnte zum Glück in Absprache mit den anderen Intensivstationen abgedeckt werden.
     
  • Herr N. atmet seit heute wieder selbstständig und die ECMO konnte weiter reduziert werden. Die Bauchlage scheint ein voller Erfolg gewesen zu sein.

Perspektivwechsel

Über die Feiertage wagen wir im Corona-Tagebuch den Perspektivwechsel. Statt Karsten Schmitt, Pflegerischer Leiter der Intensivstation 43, übernehmen seine Teamkollegen die täglichen Einblicke.

Heute: Irina Mang, Gesundheits- und Krankenpflegerin auf unserer Intensivstation. Seit Februar 2018 arbeitet sie der Intensivstation 43 im Klinikum Saarbrücken.  Die 27-Jährige absolviert gerade die zweijährige, berufsbegleitende Fachweiterbildung „Fachpflege für Intensivpflege und Anästhesie“ auf dem Winterberg.  Nach erfolgreichem Abschluss verstärkt sie danach das Team als Fachpflegerin für Intensivpflege und Anästhesie. Derzeit ist sie schwerpunktmäßig im Corona-Beatmungszentrum (CoBaz) eingesetzt.

Icon Erstehilfekoffer
24.12.21: Besuch zum Weihnachtsfest
  • Advent, Advent, ein Lichtlein brennt… für alle Patienten, die bisher von uns gegangen sind, und für die, die es noch werden. Aber auch für die, die es geschafft haben, Corona zu bekämpfen.

    Wir wünschen uns zu Weihnachten, dass die Pandemie bald ein Ende hat und sich die Lage nach den Feiertagen nicht zuspitzt. Wir sind nach fast zwei Jahren müde und erschöpft und wollen zurück in unser altes Leben!
     
  • Heute ist ein ganz besonderer Tag für die Patienten im CoBaZ. Nach Tagen und Wochen der Einsamkeit wird es ihnen ermöglicht, über die Feiertage Besuch von einem Angehörigen zu bekommen. Das ist ein Highlight für alle und die Patienten freuen sich riesig darüber. Natürlich wurden für die Besucher alle Vorsichtsmaßnahmen unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes getroffen, um so eine Ansteckung und Verbreitung von Covid-19 zu vermeiden.
     
  • Herr. O. befindet sich immer noch in der Entwöhnungsphase. Wir haben heute versucht, die Beatmung umzustellen und die sedierenden Medikamente zu reduzieren, um einen erneuten Aufwachversuch zu starten. Dabei ist es sehr wichtig Stressfaktoren zu vermeiden, mit dem Patienten dauerhaft zu reden und ihn über alle bevorstehenden Maßnahmen zu informieren. Verschiedene Anzeichen von Stress können eine hohe Herzfrequenz, hoher Blutdruck und eine erhöhte Atemfrequenz sein. Das muss kontinuierlich beobachtet werden, um eine Erschöpfung zu vermeiden und direkt intervenieren zu können. Auch der Hämoglobinwert hat sich stabilisiert, eine Blutung konnte nicht festgestellt werden. Die Infektwerte verbessern sich. Unter anderem war die Physiotherapeutin da und hat passive Atemübungen mit dem Patienten durchgeführt.
     
  • Frau S. wurde auch heute wieder auf den Stuhl mobilisiert und hat zusammen mit der Physiotherapeutin Bewegungs- und Atemübungen gemacht. Das Reden funktioniert, seit ihr die Trachealkanüle entfernt wurde, von Tag zu Tag besser. Auch ohne Sauerstoff klagt die Patientin nicht mehr über Atembeschwerden. Sie ist eine sehr motivierte Patientin, die alles dafür tun möchte, dass es ihr bald wieder gut geht. Zu ihrer Genesung beigetragen hat heute der überraschende Besuch von ihren Enkelkindern, die eine weite Strecke hinter sich gebracht haben. Darüber hat sie sich riesig gefreut und hat noch mehr Motivation, schnell wieder nach Hause zu kommen. Ihr Zimmer wurde mit Familienfotos dekoriert, dass sie in den einsamen Stunden nicht alleine sein muss und ihre Familie immer bei sich hat.
     
  • Der Therapieverlauf von Herrn Q. ist weiterhin unverändert. Jedoch macht der Patient gute Fortschritte bei der Mobilisation. Viele Dinge funktionieren auch wieder selbstständig, z.B. auf die Bettkante setzen oder im Stuhl am Tisch essen. Zu Weihnachten erhielt er viele Karten von seiner Familie mit aufmunternden Worten, dabei waren auch etliche Geschenke, die er mit Freude ausgepackt hat.
     
  • Frau C. befindet sich aktuell noch in einem akuten Stadium der Erkrankung. Es wird weiterhin versucht, sie mit NIV- und Highflow-Therapie zu stabilisieren, was nur bedingt gut möglich ist, da sie aufgrund der Atemnot bei kleinster Anstrengung schnell erschöpft ist. Die Physiotherapeutin hat auch bei ihr passive Atemübungen durchgeführt. Eine der Übungen ist die Flankenatmung. Dabei legt die Therapeutin ihre Hände auf die Flanken der Patientin und fordert sie auf, bei der Einatmung gegen die Hände zu atmen. Das dient einer besseren Belüftung der tiefer liegenden Lungenareale. Bei dieser Übung hat sich Frau C. jedoch auch schnell erschöpft. Aus diesem Grund wurden ausreichende Pausen eingelegt.

    Zu Weihnachten erhielt auch Frau C. Besuch von einem ihrer Kinder, was ihr sehr viel bedeutet hat, sie sagt: „Das schenkt mir viel Kraft.“ Sie pflegt ein sehr liebevolles und gutes Verhältnis zu ihrer Familie. „In meiner Familie war immer was los“, sagt die Patientin. Auch sie ist während den Feiertagen gedanklich bei ihrer Familie und gibt ihr Bestes, um schnellstmöglich wieder nach Hause zu kommen.
Icon Patient im Bett
25.12.21: Keine Pausen, aber Motivationsschub durch Besserungssignale
  • Auch an Weihnachten werden keine Pausen eingelegt. Der Stationsalltag geht ganz normal weiter, was für unsere Patienten bedeutet, dass heute wieder ein volles Programm angesagt war. Wir hatten viel zu tun aber mit guter Laune, Motivation und dem Gefühl, etwas Gutes für die Patienten zu tun, hat die Arbeit Spaß gemacht und man konnte mit einem guten Gefühl nach Hause fahren.
     
  • Herr O. hat eine sehr unruhige Nacht hinter sich. Die erneute Reduktion der Sedierung strengt ihn sehr an, was sich, wie schon vermutet, durch einen hohen Blutdruck (Hypertonie), erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe) und eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie) äußert. Um dem Patienten den Aufwachprozess zu erleichtern, überlegen wir Pflegekräfte gemeinsam mit den Ärzten, wie wir weiter vorgehen, um zu vermeiden, dass Herr O. sich weiterhin erschöpft. Wir haben uns dazu entschieden ihm medikamentös die Situation zu erleichtern. Nun erhält er ein Medikament, das ihn beruhigen und etwas entspannter wach werden lassen soll. Dann hat sich der pulmonale Zustand jedoch verschlechtert. Ein Ultraschall zeigte, dass die Lunge noch stark geschädigt ist und sich ein Lungenödem gebildet hat. Lungenödem ist eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung in der Lunge. Ich hoffe, dass sich die Situation morgen schon etwas gebessert hat.
     
  • Frau S. hat zusammen mit der Physiotherapeutin wieder ihr tägliches Sportprogramm bewältigt. Zum Frühstück saß sie im Mobilisationsstuhl vor dem Fenster und hat anschließend noch ein langes Videotelefonat mit ihren Angehörigen gehabt. Der körperliche und psychische Zustand verbessert sich von Tag zu Tag.
     
  • Frau C. hatte eine sehr schlechte Nacht mit wenig Schlaf. Die NIV-Maske löst in ihr Panik und Angst aus, weshalb sie jetzt eine Hans-Rudolph-Maske trägt. Diese geht nicht übers ganze Gesicht, sondern nur über Mund und Nase, hat aber dieselbe Funktion. Das erleichtert die Situation nur gering. Ein Wechsel zwischen NIV- und Highflow-Therapie war heute aufgrund der starken Atembeschwerden (Dyspnoe) sowohl bei körperlicher Belastung als auch in Ruhephasen nicht möglich, weshalb Frau C. kaum essen und trinken konnte. Sobald die NIV-Maske für kurze Zeit zur Nahrungsaufnahme vom Gesicht genommen wird, verschlechtert sich ihr Zustand rapide. Die Situation macht ihr schwer zu schaffen, sie ist kraftlos, müde und hat Angst um ihr Leben.
     
  • Herr Q. steuert mit kleinen Schritten auf sein Ziel zu. NIV- und Highflow-Therapie werden weiterhin intermittierend durchgeführt. Die selbstständige Mobilisation schreitet täglich voran. Ein langes Videotelefonat mit der Familie hat natürlich auch heute nicht gefehlt.
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26.12.21: Verlust und kurzzeitige Fortschritte
  • Frau C. hat sich in der Nacht rapide verschlechtert. Leider konnte sie den Kampf gegen Corona nicht gewinnen und ist gestorben. Die Pflegekräfte aus dem Nachtdienst waren über den schnellen Verlust sehr erschüttert und traurig. Die Patientin konnte noch Abschied von den Angehörigen nehmen.
     
  • Herr O. war über Nacht sehr entspannt und zeigte im Frühdienst erste Anzeichen des Wachwerdens. Er hat es selbstständig geschafft, zu husten, was ein großer Fortschritt ist, weil er so Sekret aus der Lunge wieder selbstständig mobilisieren kann. Auch hat er bei pflegerischen Maßnahmen mit seinem Gesichtsausdruck reagiert. Leider waren die Fortschritte nicht von Dauer. Gegen Mittag hat sich die Atmung aufgrund des Lungenödems wieder verschlechtert. Deshalb versucht man jetzt über die Dialyse dem Körper Flüssigkeit zu entziehen. Eine Bronchoskopie wurde auch wieder durchgeführt.
     
  • Frau S. setzt sich kleine Ziele und ist stolz über jeden Erfolg, den sie macht. Sie hatte heute einen guten Tag.
     
  • Herr Q.s Zustand ist unverändert zu den letzten Tagen. Er hat heute wieder gut mitgemacht bei der Physiotherapie.
  • Heute haben wir Frau R. aus einem anderen Krankenhaus übernommen. Sie ist zweifach geimpft und für weitere Diagnostik bei uns. Genaueres kann ich noch nicht sagen.

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27.12.21: Bisher hatte jede Welle neue Überraschungen offen
  • Herr O. ist heute deutlich entspannter als gestern und war im Tagesverlauf stabil. Seine Atmung ist entspannt und überwiegend regelmäßig. Obwohl er keine sedierenden Medikamente mehr erhält, wird er noch nicht wacher. Die Dialyse läuft weiterhin und die Therapie wurde erneut angepasst.
     
  • Herr Q. macht weiterhin NIV- und Highflow-Therapie im Wechsel. Bisher ist es nicht möglich, auf diese Therapie zu verzichten, da er dann schnell an seine Belastungsgrenzen kommt. Er beteiligt sich motiviert an den Bewegungs- und  Atemübungen mit der Physiotherapeutin und möchte schnellstmöglich wieder auf die Beine kommen.
     
  • Frau S.‘ Tag ist unverändert zu den letzten Tagen. Sie fühlt sich gut und macht täglich beim Sportprogramm mit. Vielleicht kann sie morgen sogar auf die Normalstation verlegt werden.
     
  • Es kam Herr J. über die Notaufnahme zu uns. Covid-19, zweifach geimpft, keine typischen Symptome, viele Vorerkrankungen. Er wurde aufgrund einer unklaren Blutung im Magen-Darm-Trakt stationär aufgenommen. Er benötigt kreislaufstabilisierende Medikamente aufgrund des Blutverlustes.
     
  • Frau R. zeigt keine Covid-Symptomatik, klagt nicht über Atembeschwerden. Sie ist aufgrund einer akuten Blutung des Magen-Darm-Trakts bei uns und deshalb sehr geschwächt und schläfrig.
     
  • In den vergangenen Tagen war es im CoBaz ruhiger und die Stimmung entspannt. Aber ist es nur die Ruhe vor dem Sturm? Unser Team fragt sich, wie es nach den Feiertagen weitergeht. Werden die Zahlen wieder steigen? Bisher hatte jede Welle neue Überraschungen offen. Man muss auf alles gefasst sein. Auch heute war Corona wieder ein großes Thema im Team. Wir sind gespannt, was auf uns zukommt.
Weihnachtskarte Dankeskarte
28.12.21: Dankespost aus NRW
  • Zuerst einmal ein großes Dankeschön an die Klasse 9e der Gesamtschule Schermbeck aus Nordrhein-Westfalen. Wir haben Eure Karte erhalten und Eure Worte haben uns alle sehr gefreut. Es ist sehr schön zu wissen, dass es Menschen gibt, die an einen denken und unsere Arbeit schätzen. Wir wünschen Euch ebenfalls viel Gesundheit im neuen Jahr!
     
  • Heute Morgen war das ZDF-Fernsehteam im CoBaz zu Besuch. Zwei unserer Patienten wollten sich auch interviewen lassen und waren ganz aufgeregt.
     
  • Frau S. konnten wir heute endlich auf Normalstation entlassen, da sich ihr Gesundheitszustand sehr gebessert hat. Sie war sehr glücklich darüber, wieder einen Schritt weiter zu sein. Jetzt kann es nur noch bergauf gehen. Wir wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.
     
  • Herr Q. hat heute große Fortschritte gemacht. Ihm wurde sein erstes negatives Covid-Test Ergebnis mitgeteilt, darüber hat er sich riesig gefreut! Er ist gut gelaunt und motiviert, fühlt sich von Tag zu Tag besser. Heute wurde zum ersten Mal versucht, auf die NIV-Maske tagsüber zu verzichten. Nach langem Auf-der-Stelle-Treten endlich erste Erfolge!
     
  • Frau R.s Zustand hat sich rapide verschlechtert. Sie schläft derzeit viel und erhält schmerzlindernde Medikamente.
     
  • Ein ständiges Auf und Ab ist es bei Herrn O., das Weaning war nicht erfolgreich. Im Tagesverlauf hatte er vermehrt Stress, was sich durch eine hohe Atemfrequenz, eine sehr angestrengte Atmung und einen hohen Blutdruck äußerte. Zudem wurde ein „Device-Wechsel“ gemacht: Dabei werden alle Zugänge, die der Patient hat, neu angelegt (zentralvenöser Katheter, arterielle Kanüle, Blasenkatheter, Dialysekatheter usw.). Das passiert immer unter sterilen Bedingungen.
     
  • Herr J. erhält weiterhin kreislaufstabilisierende Medikamente. Seine Blutung im Magen-Darm-Trakt wurde endoskopisch behandelt, seitdem bestehen keine Beschwerden mehr. Er hat keine Covid-Symptomatik.

Perspektivwechsel

Über die Feiertage wagen wir im Corona-Tagebuch den Perspektivwechsel. Statt Karsten Schmitt, Pflegerischer Leiter der Intensivstation 43, übernehmen seine Teamkollegen die täglichen Einblicke.

Heute:  Jennifer Müller, stellvertretende pflegerische Leiterin der Intensivstation ZIN 43. Sie berichtet im Corona-Tagebuch schwerpunktmäßig über die Situation auf der Intensivstation 43, auf der derzeit vor allem die reguläre Notfallversorgung im Fokus steht. 

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27.12.21: Covid-Abstrich-Tag
  • Heute laufen, wie jede Woche bei allen Covid-Intensivpatienten, die routinemäßigen Covid- Abstriche. Jeden Montag werden dazu PCR-Tests gemacht, bei beatmeten Patienten wie bei Herrn N. macht die zuständige Pflegekraft dazu wöchentlich zwei Abstriche.

    Es wird einmal ein kombinierter Nasen-/Rachen-Abstrich abgenommen und dazu noch ein tiefe endotracheale Absaugung vom Trachealsekret – das bedeutet: Der Patient muss durch den bereits liegenden Tubus (mit einem geschlossenen Absaugsystem) abgesaugt werden, um Sekret aus den Atemwegen zu gewinnen. Es wird ein Auffangröhrchen zwischen Absaugung und Tubus gesteckt und das dadurch gewonnene Material zur Befundung ins Labor geschickt.
     
  • Herr N. hatte seinen ersten positiven Befund am 9.12.21. Das heißt, er befindet sich heute an Tag 19 seiner Covid-Infektion. Wie lange er wohl noch positiv sein wird? Momentan hält er sich stabil mit Beatmung und ECMO.
     
  • Mit der konventionellen Lagerungstherapie kommen wir momentan gut aus (bedeutet: Wir lagern den Patienten jeweils auf die linke und die rechte Seite, um auch Druckstellen zu verhindern). Vorerst ist keine Bauchlage geplant.

Tagebuch pausiert

Liebe Leserinnen, liebe Leser.

Unser Corona-Tagebuch geht in die Pause. Wir sagen an dieser Stelle: Danke, dass Sie uns zugehört haben. Danke, dass wir dies hier aufschreiben konnten.

Aber: Uns ist wichtig, den Datenschutz zu wahren und Rückschlüsse auf konkrete Personen nicht zuzulassen. Diese anonymisierte Lageberichterstattung ist momentan aufgrund einer übersichtlichen Patientenzahl nicht immer möglich. Daher haben wir uns entschieden, das Tagebuch vorerst zu pausieren.

Vielen Dank für Ihre täglichen Zuschriften und Interessensbekundungen, für Ihre Durchhalteparolen und positiven Rückmeldungen. Danke dafür, dass Sie unsere Zeilen weitergeben haben und so Menschen vom Impfen überzeugen konnten. Allein dafür hat sich der „Mehraufwand“ schon gelohnt. Wir sind Ihnen sehr dankbar – und sagen Ihnen gerne Bescheid, wenn es weitergeht.

Das Tagebuch-Team des Klinikums Saarbrücken


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