Dr. Dr. Herbert Rodemer: 13.514 Tage im Team Winterberg

Pressemitteilung /

Der Chefarzt blickt auf eine ereignisreiche Zeit zurück. „Seine“ Klinik sieht er für die Zukunft in guten Händen.

Mindestens 13.514 Tage im Team Winterberg hat Dr. Dr. Herbert Rodemer verbracht, 3317 davon als Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Plastische Operationen. Jetzt endet seine Zeit als Leiter der Klinik, den Chefarzt-Übergang wird er als Senior Consultant noch einige Zeit mitbegleiten – ein paar Tage werden also noch hinzukommen.

37 Jahre bei einem Arbeitgeber – auf diese Treue ist auch das Klinikum Saarbrücken stolz. Und darauf, dass er auch nach dem Chefarzt-Wechsel noch eine Weile erhalten bleiben wird, auch. „Ich kann nicht einfach von Hundert auf Null eine Vollbremsung hinlegen“, sagt Dr. Dr. Rodemer, „und nach so langer Zeit einfach die Stopptaste drücken“. Mit reduzierter Stundenzahl wird er noch mitarbeiten und den Übergang begleiten.

Der Blick hinter die Kulissen war entscheidend

Der 66-Jährige kennt das Haus aber schon viel länger, bereits 1976 hatte er den ersten Kontakt mit dem Haus. Die Famulatur vor dem Medizinstudium in Homburg hat er bereits hier absolviert. Wobei er nach dem Abi gar nicht so richtig wusste, was er eigentlich werden möchte und wo die (Berufs-)Reise hingeht. „Aber die Famulatur hat mir richtig gut gefallen“, erinnert er sich. So gut, dass er während der folgenden Semesterferien immer im Krankenhaus, immer in der MKG, „gejobbt“ hat.

OP und OP-Saal waren für mich immer so abstrakt und irgendwie so weit weg, ich konnte mir das eigentlich vorher nicht so richtig vorstellen“, sagt Dr. Dr. Rodemer. Der Blick hinter die Kulissen auf dem Winterberg hat aus den Vorstellungen Wissen gemacht und so war diese Hemmschwelle rasch geebnet: „Nachdem ich gesehen habe, wie das alles abläuft, war es für mich fassbar und ich wusste, das gefällt mir.“

Sehr schnell habe er zudem gemerkt, dass ihm Zahnmedizin allein nicht reicht und deshalb parallel Medizin studiert. Damals war das Fach MKG sehr „in“, heute fehle an vielen Stellen der Nachwuchs – das Doppelstudium schreckt heutzutage viele ab, sagt Rodemer: „Plus fünf Jahre Facharztzeit – das ist für viele nicht mehr attraktiv.“

Ehemaliger Chef in Erlangen nahm ihn mit auf den Winterberg

Nach drei Jahren am Universitätsklinikum Homburg (1981-84) wechselte er 1986 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Weiterbildung als Arzt an die Universität Erlangen und startete im Juli 1987 als Assistenzarzt im Klinikum Saarbrücken. Prof. Dr. Josef Dumbach, damals Leitender Oberarzt in Erlangen, wurde Chefarzt auf dem Winterberg und nahm ihn dorthin mit. Nach der Anerkennung als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (1990) wurde Dr. Dr. Rodemer 1992 zum Oberarzt und zum ständigen Vertreter des Leitenden Arztes der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ernannt. 1993 wurde ihm die Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen“ anerkannt, 2002 promovierte er zum „Dr. med. dent.“. Ab Juni 2015 leitete er als Chefarzt die Klinik. 2012 vervollständigte Dr. Dr. Rodemer sein berufliches Portfolio und ergänzte noch den Studienabschluss Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen (Master of Arts).

Von der ersten Assistenzarzt-Zeit auf dem Winterberg ist ihm besonders eine „intensive und steinige Aufbauarbeit“ im Gedächtnis geblieben. Vieles, was heute selbstverständlich ist, sei damals nur in rudimentären Strukturen vorhanden gewesen. Einer der Hauptpfeiler dieser ersten Zeit war der Aufbau der Dysgnathie-Chirurgie (Fehlbiss-Korrektur), auch die Tumor-Chirurgie wurde peu à peu weiterentwickelt.

"Die MKG steht niemals still"

Als Assistenzarzt hat er viel im OP verbracht, „das war eigentlich die schönste Zeit“, sagt er, „ich war gezwungen, in kurzer Zeit viel zu lernen und bin dadurch sehr schnell selbstständig geworden“. Diese Erfahrung habe ihm gezeigt, wie man in schwierigen Situationen weiterkommt. Den stationären Bereich habe er zur damaligen Zeit eigenständig betreut – auch das eine wertvolle Erfahrung, die ihn beruflich gefestigt hat.

Nach und nach wurde in diesen Jahren in der Klinik vieles etabliert, was heute Standard ist. Die Tumor-Konferenzen, die enge Zusammenarbeit mit den Kieferorthopäden, die Netzwerkarbeit zu den niedergelassenen Zahnmedizinern zum Beispiel. Dennoch steht immer das Wort „Weiterentwicklung“ im Raum – „in den vergangenen Jahren ist unheimlich viel passiert, die MKG steht niemals still“, sagt Dr. Dr. Rodemer. Auch die Taktung habe sich mit den Jahren geändert, es seien in kürzerer Zeit immer mehr Fälle geworden, auch der Trend zur Ambulantisierung zeige sich deutlich.

Heute werden rund 7000 Patientinnen und Patienten jährlich in der MKG versorgt, 2015 waren es rund 5500. Von den 7000 Behandlungen waren etwa 6000 Fälle ambulant – 2015 waren das noch 60 % weniger (3749). Sicher ist er, dass sein Nachfolger – PD Dr. Dr. Christian Knipfer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf – die Weiterentwicklung der MKG sinnvoll und in seinem Sinne vorantreiben wird.

Ein Herz für Kinder aus Krisengebieten

Und obwohl die Zeit knapp und die Ressourcen endlich waren, blieb dennoch Zeit für gute Taten: Großes Herz bewies Dr. Dr. Rodemer schon immer für Kinder aus Krisengebieten: Schon mehrfach hat er und sein Team Kinder mit schweren Gesichts- und Kieferverletzungen aus Krisen- und Kriegsgebieten „pro bono“ operiert. Diese Kooperation läuft mit dem Friedensdorf International, das sich seit über 50 Jahren für die medizinische Versorgung in Deutschland von Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten einsetzt. Oft können diese Kinder aufgrund von Kiefergelenks-Ankylosen (Kiefer-Unbeweglichkeit) keine Nahrung mehr aufnehmen und kommen deshalb zu den Experten auf den Winterberg.

An diese Kinder erinnert sich Dr. Dr. Rodemer besonders intensiv, aber auch viele andere Fälle aus seinem Berufsleben kommen ihm immer wieder in den Sinn. „Ich erinnere mich zum Beispiel oft an einen Kutschfahrer, dem die Pferde durchgegangen sind und der viele Meter mitgeschleift wurde. Ihm hat das halbe Gesicht gefehlt – in vielen Operationen konnten wir ihn aber wiederherstellen“, erinnert er sich. Wie vielen Menschen er und sein Team in den vergangenen Jahren geholfen hat, kann man nur erahnen – manche dankbaren Worte kommen aber auch an der richtigen Stelle an.

"Durch Sie ist mein Leben wieder lebenswert."

Unter unseren Beitrag zum Chefarztwechsel in den Sozialen Medien haben einige ehemalige Patientinnen und Patienten kommentiert: „Lieber Dr. Rodemer, Sie haben mir (mit einigen anderen) am 09.02.2020 nach meinem schweren Unfall das Leben gerettet sodass mein Leben wieder lebenswert ist. Ich wünsche ihnen alles Gute für die Zukunft“, schreibt eine Patientin. Und ein anderer: „Lieber Herr Dr. Dr. Rodemer, ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute. Sie haben mir im Febr./März sehr geholfen. Das werde ich nie vergessen.“

Für die anstehende freie Zeit hat Dr. Dr. Rodemer bereits einige Pläne – der Garten wartet schon und einige Fahrradtouren sind schon geplant. Auch ein Besuch beim Sohn in München steht auf dem Programm. Vom Südwesten Deutschlands geht es aber zuerst mal in den Südwesten der USA – auf dem Reiseplan stehen San Francisco und Las Vegas. Und der Weg danach führt dann wieder zurück auf den Berg – als Senior Consultant in „seiner“ ehemaligen Chefarzt-Wirkungsstätte.

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Das Arbeiten im OP, vor allem während der Assistenzarzt-Zeit, bezeichnet er als "die schönste Zeit".
Rückblick: Dr. Dr. Herbert Rodemer vor vielen Jahren bei der Visite auf Station.
Vielen Kinder aus Krisengebieten mit Gesichts- oder Kieferverletzungen hat Dr. Dr. Rodemer in den vergangenen Jahren geholfen.
Ab 1. Juli übernimmt PD Dr. Dr. Christian Knipfer die Klinik.