Prüfen – Rufen – Drücken, diese drei Schlagworte sollten jedem bekannt sein, denn sie helfen im Notfall Leben zu retten. Häufig zögern Passanten bei einem Unfall lebensrettende Maßnahmen einzuleiten, aus Angst etwas falsch zu machen. Viktor Tide hatte Glück im Unglück, sein Ernstfall trat am Fuße des Winterbergs ein – wo ein Herz- und ein Intensivexperte des Klinikums Saarbrücken ihn auf dem Heimweg als Ersthelfer zurück ins Leben holten.
Wüssten Sie was im Notfall zu tun wäre und wie Sie einen Menschen reanimieren? Viktor Tide hatte bei seinem Ernstfall vor einigen Wochen den „Winterberg-Joker“. Denn als sein Notfall eintrat, war er, wie er heute vermutet, bereits auf dem Weg zu uns auf den Winterberg, auch wenn er es selbst nicht mehr zu uns auf die Spitze schaffte. An der Auffahrt zum Winterberg verlor der 56-Jährige das Bewusstsein und damit auch die Kontrolle über seinen Wagen. Was folgte, klingt fast so unwahrscheinlich wie in einem Spielfilm.
Als erstes zur Stelle war eine Altenpflegerin, die ihn aber nicht aus dem Fahrzeug befreien konnte – bis sie Unterstützung vom Team Winterberg auf dem Weg in den Feierabend bekam: Karsten Schmitt, pflegerischer Leiter unserer Intensivstation 43, übernahm mit seinem Intensivfachwissen – und bekam kurz darauf Unterstützung durch den Chefarzt unserer Klinik für Herz-, Lungen- und Gefäßkrankheiten, PD. Dr. Florian Custodis – also von gleich zwei Experten für die Erstdiagnose „Herzstillstand“.
Doch die erste Herausforderung für alle am Unfallort war keine medizinische, sondern das Thema Sicherheit. Zentralverriegelung oder elektrisch verstellbare Autositze – im Notfall ein unerwartetes (aber nicht unüberwindbares) Hindernis. Um überhaupt helfen zu können, musste die Scheibe des Wagens eingeschlagen und Viktor Tide aus seinem Auto befreit werden. Was folgte waren gut 30 Minuten Kammerflimmern und Reanimationsmaßnahmen auf dem Bürgersteig, zunächst durch Dr. Florian Custodis und Karsten Schmitt, dann unterstützt durch den Rettungsdienst, der Viktor Tide schließlich stabil auf den Winterberg brachte.
Teamwork - von Herzkatheterlabor bis Intensivmedizin
Im Herzkatheterlabor des Klinikums stellte der Chefarzt mit seinem Team dann einen akuten Vorderwandinfarkt fest, der rasch behandelt werden konnte. Trotz schneller Behandlung musste Viktor Tide knapp zwei Wochen ins künstliche Koma versetzt werden – und auf der Intensivstation von Karsten Schmitt und seinen Kollegen behandelt werden.
„So eine Situation hat man nur einmal im Leben – selbst als Arzt“, blickt PD Dr. Florian Custodis zurück. Das mache deutlich, wie wichtig es ist, dass auch Laien im Ernstfall nicht zögern, sondern eingreifen, um Schlimmeres zu verhindern. Ohne Ersthelfer, wäre das Schicksal von Viktor Tide heute ein anderes. Denn durch das schnelle Handeln, die Nähe zum Krankenhaus und die effektive Teamleistung im Herzkatheterlabor und auf der Intensivstation, wo immer wieder für solche Notfälle trainiert wird, hat der 56-Jährige heute keine neurologischen Defizite, trotz kurzzeitiger Unterversorgung mit Sauerstoff.
Wiedersehen mit Winterberg-"Engeln"
„Heute weiß ich, wie schön es ist zu leben“, sagt Viktor Tide bei seinem Wiedersehen mit seinen Lebensrettern auf dem Winterberg – mehr noch, mit seinen „Engeln“, wie er Dr. Florian Custodis und Karsten Schmitt selbst nennt. An vieles von seinem Unfall kann sich der sportliche Kleinblittersdorfer, bei dem zuvor nie eine relevante Vorerkrankung diagnostiziert wurde, nicht mehr erinnern. Aber eines weiß er: „Wenn ich die beiden sehe, bekomme ich Gänsehaut. Dr. Custodis und Herr Schmitt haben mich gerettet, wären sie drei Minuten später gekommen, wäre ich tot.“